VfL Bochum – SG Linden-Dahlhausen 2 32:29 (15:12)
Für Fixe: Eine starke Leistung im Derby gegen den Tabellenvierten aus Linden wird nur von kurzen, kopflosen Phasen getrübt und beschert dem VfL den nächsten Saisonsieg.
Teil Zwei der Derbywochen in der Kreisklasse und seit viel zu langer Zeit winkt endlich wieder die altehrwürdige Heimfestung am Lohring, geschmückt in Blau und Weiß und durch die Spiele der zweiten und dritten Mannschaft vorher gut gefüllt. Der Anblick der Mitspieler und Zuschauer, die im Schatten des kleinen Vordachs nebeneinanderstehen und fachsimpeln und deren Zigaretten kleine Rauchzeichen in den blauen Frühlingshimmel senden, entfacht die Vorfreude schon vor dem Betreten der Halle. Der laute Knall der Handflächen beim Einschlagen sendet wie der erste Schlag der Trommel in der Halle eine Gänsehaut den breiten Bochumer Rücken herunter und lässt das Herz schneller schlagen.

Für einen perfekten Handballabend ist eigentlich alles angerichtet, nur der Gegner hat potentiell etwas dagegen. Nach dem U35-Derby des letzten Wochenendes ist es diese Woche die SG Linden-Dahlhausen 2, die sich mit Sack und Pack und der Kiste Bier der richtigen Marke in der Linie 318 auf die Reise begibt. Sportlich sind die Mannen aus dem Bochumer Südwesten ein anderes Kaliber als Teutonia, mussten im bisherigen Saisonverlauf nur neun Minuspunkte hinnehmen und könnte mit einem Sieg am VfL vorbeiziehen. Personell hat Linden mit acht Feldspielern nicht den großen Luxus dabei, kann aber auf die Dienste seines Chefsteinewerfers zurückgreifen, dessen Trikotnummer 43 ungefähr den Durchschnitt seiner pro Spiel geworfenen Tore widerspiegelt. Beim VfL drehte sich das fröhliche Spielerkarussell etwas langsamer als gewöhnlich und würfelte Trainer Stroop mit der Sprung-, Sprint- und Spreng-, ääh Wurfbrigade Hardam, Saure, Lorenz anstelle von Sascha Behnke und Lars Sikorski genug Optionen zusammen. Genug Tempo und Wurfkraft waren also mit an Bord, das Thema Tempo galt in diesem Spiel aber besonders in der Rückwärtsbewegung, denn ohne gutes Umschaltspiel in der Defensive würden die Gegenstoßqualitäten der Gäste jeden Fehler bitter bestrafen. Der nach einer auskurierten Wadenverletzung wieder auf die Brücke zurückgekehrte Kapitän Jannik Kocian schwört seine Bande nochmal ein, dann geht es mit der Wucht einer Lawine los für weißgekleideten Bochumer – Anpfiff für eine ganz wichtige Partie.
Das erste Tor gebührt direkt dem Kapitän, bevor der Lindener Rückraum zweimal durchlädt. Über 3:2 nach sieben und 5:3 nach zehn Minuten entpuppt sich das Spiel als ein zähes Ringen, bei dem der VfL im Angriff über individuelle Duelle gewinnt und hinten etwas Glück mit überhasteten Abschlüssen der Dahlhausener hat. Nach zehn Minuten nimmt sich Bochum – mit den richtigen Farben – eine kurze kreative Schaffenspause, kassiert vier Tore in drei Minuten und liegt 5:7 hinten. Kurz geschüttelt, weitergemacht, das eigene Spiel macht Hoffnung. In der ersten Hälfte entspinnt sich ein Duell auf Augenhöhe, bei dem die Stroop-Sieben meistens die leicht besseren Lösungen hat. Entweder ist es der Knorrwart, der mit Signalwirkung einen Gegenstoß entschärft, der ewige Max Birkemeier mit einem seiner patentierten Kracher via Innenpfosten oder der Rückraum, der den Ball schnell und die Beine der Abwehr müde macht. Zur Pause folgerichtig ziert ein verdientes 15:12 die Anzeigentafel, die Frisur sitzt.

In der Kabine heißt es erneut, den Fokus auf dem eigenen Spiel zu behalten und weiterhin ein hohes Tempo zu gehen. Schon in der ersten Halbzeit ist das gefürchtete Tempospiel der Gäste nicht so zur Entfaltung gekommen, wie bisher befürchtet. Wenn es etwas zu bemängeln gibt, sind es zu viele technische Fehler ohne Druck, die das Ergebnis noch trüben.
Wieder auf der Platte brauchen beide Deckungsreihen knappe fünf Minuten, um sich wieder auf Handball einzustellen. Beim Stand von 18:15 sind 34:48 gespielt, dann nimmt das Spiel langsam Fahrt auf. Erst kraftwürfelt sich Gordon Kempkes zum 19:15, dann sorgen Jannik Kocian im Doppelpack und Matthias Plewnia nach einem schicken Gegenstoßpass für einen kleinen Zwischenspurt zum 22:16. Das Hoch des VfL hält aber nur kurz, einfache Fehlwürfe und technische Fehler zeigen wieder ihr hässliches Gesicht und beim 23:20 ist der Ertrag des Zwischenspurts wieder zerronnen. 26:22, 29:24 – trotz aller Fehler ist das Grundgerüst gut, LiDa kann die Lücke nicht entscheidend schließen. Das Heimteam zeigt, dass es auch von der Bank mit Erfahrung und Nervenstärke reagieren kann. So bleibt Leo Hardam zweimal eiskalt vom Punkt, während Fabi Gohl, der die letzte Viertelstunde das Tor hütet, zum Schreckgespenst für die gegnerischen Schützen wird, insgesamt drei Strafwürfe pariert.

Beim 31:28 zwei Minuten vor dem Ende wird es nochmal kurz kritisch, bevor der Kapitän selbst im Durchbruch den Deckel draufmacht, Jannik wuchtet seinen malträtierten Körper durch die Lücke zwischen Halbrechtem und Mittelblock und legt den Ball am herausstürzenden Schnapper vorbei für Treffer 32. Die letzte Murmel, die der Rechtsaußen der Gäste dem Gohli durch die Hosenträger kegelt, bleibt nur Makulatur.

Der VfL gewinnt das dritte Endspiel in Serie mit einer starken Teamleistung. Deckung und Torwart harmonieren über große Teile des Spiels besser und auch die zwölf Tore des Lindener Zielspielers lassen sich bei knappen 25 Abschlüssen leichter verschmerzen. Eine breite Gruppe an Torschützen und Qualität von der Bank gespickt mit erfahrenen Spielern, die vorangehen und in den entscheidenden Momenten die Verantwortung schultern, sind die Trümpfe im Ärmel des weiten Druidengewands von Trainer Stroopolix, der die Mannschaft wieder stark einstellt.

Die Chemie stimmt einfach, nicht nur auf, sondern auch neben der Platte. Das zeigt sich nicht nur beim gemeinsamen Weg in die Stadt nach dem Spiel, sondern auch beim gemeinschaftlichen Schrubben des Lohrings nach Verharzung, der VfL ist einfach eine runde Truppe. Eben jene Truppe muss aber in Wanne am kommenden Sonntagmorgen die Leistung bestätigen, um weiter oben in der Tabelle angreifen zu können. Anwurf bei einem der schwierigsten Spiele der Saison ist traditionell um 11:15.
Aus der reichhaltigen Auswahl zum Spruch des Tages sei ehrenhalber Fabi erwähnt: Ein guter Torwart spielt nur solange er muss. Der Spruch des Tages schwirrt aber vor dem Spiel bereits durch die Kabine: Der VfL ist wie Heroin. Ohne Spritze, aber macht genauso süchtig.
Süchtig machen auch die handballerischen Zaubereien, die Alex Cousen in der Mitte so anstellt. Unsere ewig junge Zaubermaus verzückt das natürlich überaus fachkundige Publikum nicht nur mit seinen Toren, sondern kann auch mit seiner wallenden Mähne punkten.

Für den VfL das zweite Derby in zwei Wochen gewonnen haben: David Knorr (TW), Fabi Gohl (TW), Max Birkemeier (4/2), Patrick Heyer, Alexander Cousen (3), Roman Saure (3), Sebastian Knihs (1), Niklas Willrodt, Gordon Kempkes (4), Leo Hardam (5/2), Jonas Knaust, Matthias Plewnia (4), Jannik Kocian (4).