SG Linden-Dahlhausen 2 – VfL Bochum 26:34 (11:12)
Für Fixe: Im zweiten Derby hintereinander spielt der VfL 60 Minuten seinen Stiefel herunter und kann in den letzten Minuten klar auf die Siegerstraße einbiegen.
Zweites Kreisklassenspiel im November, zweites Derby in Folge, zweites Spiel gegen eine Mannschaft, die vor dem Spiel einen Bierkasten der korrekten Marke in die geheiligten Handballhallen schleppt. Während in der Vorwoche noch ein Heimspiel in der Ferne in Wattenscheid auf dem Plan stand, zöckelt die Straßenbahnlinie 318 diese Woche nicht nach Istanbul, sondern direkt nach Linden. Ein Auswärtsspiel mit Heimspielcharakter also, bei dem ein kurzer Blick auf die Tabelle zusätzliche Würze auf den schmackhaften Teller streute. Der Sieg gegen Riemke hatte den VfL mit 6:6 Punkten zwar aus den Tiefen des Niemandslandes hervorgezerrt, aber mit nur drei Minuspunkten stand die SG LiDa genau da, wo der VfL hinwollte, nämlich oben. Im Bochumer Südwesten würde die Stroop-Sieben die nächste Mannschaft der Kategorie „Wundertüte“ erwarten. Ein Heimsieg gegen die Mondstädter aus Wanne und ein Unentschieden gegen die bisher an der Tabellenspitze thronenden Mannen aus Scherlebeck waren mindestens Achtungserfolge, die die Gastgeber mit einer starken Deckung erkämpft hatten. Auch personell waren wenige alte Bekannte zu erwarten.
Die Gastmannschaft war damit vorgewarnt, konnte aber aus dem Vollen schöpfen. Mit Sascha Behnke und Max „Happy“ Lorenz kam nicht nur positive Stimmung, sondern auch dringend benötigte Durchschlagskraft aus dem Rückraum in die Mannschaft und die Rückkehr von Sebastian Knihs am Kreis kompensierte den Ausfall von Torben Nölting am Kreis und in der Deckungsmitte positionsgetreu. Dazu hatte das Trainerteam mit Dejan „Seppl“ Sebesic wieder Balkan-Bumms auf der Aussenposition aus Berlin eingeflogen. 13 Namen auf dem Spielberichtsbogen ergeben eine klare Prämisse für das Spiel. Taktisch sind es die einfachen Lösungen, schnelle Angriffe mit konsequentem Druckspiel und vor allem das Tempo. Auch wenn der Spielplan der Mannschaft aus den Ohren herauskommt, ist es das Umschaltverhalten nach vorne und vor allem nach hinten, was heute den Ausschlag geben würde. Unabhängig von allen taktischen Vorgaben muss der VfL aber malochen, sich in der Deckung so richtig krumm buckeln und jene Intensität mit der glühenden Hitze von geschmolzenem Stahl auf das Handballfeld brennen, die die Luft in den letzten fünf Minuten der Vorwoche angezündet hat. Niemand fasst das besser zusammen als Mottek Matthi, der das rundgeknuddelte Kuscheltier von Paddy-Spross Phillip kurz und schmerzlos kommentiert: Wir können gleich mal den Gegner rundknuddeln. Das freundschaftliche Kuscheln und die nachbarschaftliche Atmosphäre beim Sportsgruß halten aber nur bis zum Anpfiff, denn jetzt muss mit der groben Pranke über den Schrebergartenzaun gelangt werden.
Am Anfang steht die heilige Dreifaltigkeit aus Fehlwurf, Parade und erstem Tor. Beim 2:2 nach vier Minuten dreht der alt-internationale Halbrechte der Gastgeber auf, trifft zum 3:2 und bedient den Halblinken mustergültig zum 4:2. Bis zum 7:3 nach neun Minuten sind es vor allem einfache technische Fehler und unbedrängte Fehlpässe, die die Bochumer immer wieder zurückwerfen. Dass aus dem Vier-Tore-Rückstand kein Bruch im Bochumer Spiel erwächst, liegt an der guten Deckung, die aufmerksam und vor allem lautstark auch Linden zu Fehlern zwingt. Nach einer Viertelstunde steht es 8:7, nach 20 Minuten trifft der immer wieder auf Ballgewinne lauernde Sascha Behnke zum 10:10. Das Spiel verflacht bis zur Halbzeit ein wenig, eine kleinere Stärkephase von Bochum kontert Dahlhausen direkt und hat mit dem Pausenpfiff sogar die Chance auf den Ausgleich. Katzengleich pariert der angeschlagenen Knorrwart ins Tor gerückte Fabi Gohl aber den Gegenstoß und lässt das Momentum beim Kabinengang in Richtung der Gäste schwingen, Essig is mit Ausgleich.
In den zugigen Katakomben der Lindener Halle heißt es „Neu fokussieren“ für den VfL. Eine konzentrierte Leistung über noch einmal 30 Minuten wird notwendig sein, um hier Punkte mitzunehmen und dazu müssen die Fehler abgestellt werden.
In der zweiten Halbzeit entspinnt sich ein Spiel auf absoluter Augenhöhe, welches jetzt erkennbar härter geführt wird. Trotz zahlreicher Zeitstrafen dreht die Partie aber nie in eine unfaire Richtung. Dem VfL sind die Zeitstrafen im Angriff auch recht egal, gegen die offensive Deckung der Gastgeber präsentieren die Gäste sich beweglich und passsicher. Das Zünglein an der Waage ist in dieser Phase der Schnapper, der nicht nur das wohlgeformte Gesicht in einen Ball des sprunggewaltigen Lindener Außen hält, sondern nebenbei noch zwei Siebenmeter und mehrere andere Bälle pariert. Gesichtstreffer hin, verworfene Siebenmeter her, nach 53 Minuten erzielt Sascha Behnke das 25:26 für die Stroop-Sieben und die SG wirft den grünen Karton. Wer letzte Woche das Derby gesehen hat, weiß bereits, dass Timeouts in den letzten Minuten genau die Gelegenheit sind, die Trainer-Druide Stroopolix braucht, um richtig zu zaubern. Gerade für den unglücklich am Finger verletzten Niklas Willrodt rauft sich die Truppe nochmal richtig zusammen, brennt erst einen 4:0-Lauf inklusive bodenlosem Jubel von 30-Tore-Jubiliar Knihser in die Platte und nutzt die letzten drei Minuten nochmal, um etwas für das Torverhältnis zu tun. Den Schlusspunkt setzt der heute sehr treffsichere Max Birkemeier vom Strich zum 26:34.
Ein Sieg, der am Ende wahrscheinlich ein paar Tore zu hoch ausfällt, ist für den VfL trotzdem zweifelsohne verdient. Die individuellen Fehler hin oder her – sowas wird passieren – ist Bochum 60 Minuten am Ball und bei seinem Spiel geblieben. Fünf Spieler mit vier oder mehr Toren sprechen eine eindeutige Sprache – diese zwei Punkte hat die Mannschaft sich mit ihrer Geschlossenheit erarbeitet. In der absoluten Crunchtime sind es die breitere Bank und die Bereitschaft, Verantwortung auf und neben der Platte zu übernehmen, die den Ausschlag geben. Als Kirsche auf der Sahnetorte findet sich noch ein wenig dringend benötigte Luft im Fiege-Himmel, bevor der VfL in die Bochumer Nacht entschwindet. Nach einer spielfreien Woche kündigen sich die traditionell starken und unangenehm zu spielenden Wanner am 30.11. in der Halle in Wiemelhausen an, ein weiteres Duell absolut auf Augenhöhe.
Den Spruch des Tages liefert Seppl Dejan, der den Zauberfranken wieder einfängt, als diesem auf der Bank etwas die Zaubersprüche zu entgleiten drohen: Beruhig dich erstmal, bevor du andere beruhigst.
Einen kühlen Kopf bewahrt und hingehalten hat der Spieler des Spiels. Untypisch für den VfL gewinnt Schnapper Fabi, der mit der neuen Frisur direkt nebenberuflich im Import/Export tätig wird, auch bei einem Sieg.
Das zweite Derby in sieben Tagen gewonnen haben: David Knorr (TW), Fabi Gohl (TW), Max Birkemeier (6/1), Patrick Heyer (1), Dejan Sebesic, Lars Sikorski (4/4), Roman Saure (5), Sebastian Knihs (3), Max Lorenz (5), Sascha Behnke (5), Jonas Knaust (3), Matthias Plewnia (1), Niklas Willrodt (1).Â