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Spielberichte 1. Herren

Bochumer Maurermeister beenden Sommerurlaub

VfL Bochum – Teutonia Riemke 2 24:18 (12:10)

Für Fixe: Zum Saisonstart in die Kreisliga kann sich der VfL im Lokalderby gegen die Zweitvertretung von Teutonia Riemke auf eine starke Deckung und einen guten Torhüter verlassen.

Einen Sommer lang konnte sich der VfL freuen. Während zum Beispiel der gewöhnliche Springfloh (lat. Pulex irritans, nicht zu verwechseln mit dem Bochumer Springfloh, lat. Leous Hardamis) sein Leben schon nach 40 Tagen aushaucht oder der milde Hopfenblütentee der Marke Moritz Fiege zwischen 42 und 56 Tagen im Reifeprozess benötigt, konnten die Euphorie und der Enthusiasmus des gewonnen Endspiels in Gladbeck ganze 108 Tage vor sich hin gären, bevor sie zum Saisonauftakt in der Kreisliga langsam von der Vorfreude auf eine neue Handballsaison verdrängt werden. Endlich wieder Spielbetrieb, endlich wieder 26 Spiele (mehr oder weniger) Harz an den Fingern, das Geräusch an den Pfosten krachender Bälle und das bellende Gezeter des Schnappers in den Ohren und die Bande im feinen Zwirn des weißen Balletts vor Augen – und das ganze sogar eine Liga höher. Die Kreisliga verspricht besseren Handball, neue Gesichter bei den Gegnern und das Ende der Drittvertretungen. Vor der Freude und dem Beginn stand aber das tiefe Tränental da genannt Vorbereitung, welches keinem Handballer fremd ist. Die Truppe von Trainer Stroop hatte gemeinsam geschwitzt, geschwitzt und natürlich geschwitzt und nebenbei feststellen müssen, dass die Mannschaft final den Schritt hin von einer Studententruppe zu einem Team aus gestandenen Spielern geschafft hat. Über die Sommerferien mussten immer wieder Urlaube zahlreicher Spieler kompensiert werden, was Training und Testspiele kompliziert machte.

Musste der VfL vor der Vorsaison noch seine drei besten Rückraumkanoniere abgeben, bleibt die Mannschaft im Kern zusammen. Zu dem bestens abgestimmten und vom Druiden Stroopolix abgeschmeckten Süppchen im Bochumer Kessel kommt mit den Jungspunden Diego Jakobs und Lars Wegge (beide noch in der eigenen A-Jugend aktiv) sowie Gianluca Sarra aus Schalke ordentlich Dampf, um den langsam besonders erfahrenen Akteuren in der Mannschaft etwas Entlastung zu verschaffen. Der wichtigste Wechsel geschieht aber neben der Platte. Co-Trainer Lars Sikorski hat die Zeit zwischen den Saisons genutzt, um für Handballnachwuchs zu sorgen und ist jetzt komplett damit ausgelastet, seinem Sohnemann bereits vor dem Laufen den rechten Arm zwecks besserer Karrierechancen auf den Rücken zu binden.

Mit Lars verlässt ein Urgestein des Bochumer Handballs die Reihen der Mannschaft (zumindest temporär). Auf dem Feld ein kühler Kopf, dessen jahrelange Erfahrung in nicht nur fast fehlerfrei vom Siebenmeterpunkt macht, sondern ebenfalls dafür sorgt, dass sein Schlagwurf schon so manchen Torhüter staunend zurücklässt, auch wenn fiese Mitspieler dem Ball zur Sicherheit noch eine Scheibe Schwarzbrot hinterherschmeißen wollten. Über die Anpackerqualitäten in der Deckung und den schnellen Handballverstand, der so manchen Steal und Gegenstoß ermöglicht, besteht ohnehin kein Zweifel. Gerade abseits von der von ihm selten vollgeharzten Kugel ist und bleibt der Träger der schönsten Glatze Bochums ein verlässlicher und bodenständiger Typ im allerbesten Sinne des Wortes. Von dummen Sprüchen und Anekdoten aus der Welt des Handballs im Ruhrgebiet bleibt man genauso wenig verschont wie von den wunderschönen Modestücken wie Hüten oder Bademänteln, die den lange Jahre im Dienste des Handballs und der Mannschaft geschundenen Prachtkörper besonders bei Mannschaftsfahrten oder Freiluftturnieren „zieren“. Als wonnig ploppender Deckel des Fiege-Pils kommt aber noch der Geruch nach Menthol und verschreibungspflichtigen Salben dazu, den die sikorskische Hausapotheke in der Kabine gerne mal verströmt. Die bärbeißige Bande Bochumer Buben wünscht viel Spaß damit, das Geruchsbild aus Schweiss, Menthol und Duschgel gegen das Klangbild aus Kinderlachen und Heimeligkeit einzutauschen. Dass Lars ohne den Handball einfach nicht kann, zeigt sich aber schnell. Er springt ja schließlich bereits am ersten Spieltag wieder in die Bresche, um die aufreißende Kreisläuferlücke der Bochumer Bande zu füllen – dazu aber später mehr.

Ersetzt wird der kaum zu ersetzende Sikorski durch Sven Wiegand, der jetzt neben David Stroop die Bochumer Bande an der Seitenlinie führt. Die blaue Wand der Stroop-Sieben wird aber dieser Saison also in den Wiegand-Werken gegossen, um in der Pott-Metapher zu bleiben. Wie breit diese Wand im ersten Saisonspiel sein könnte, stand allerdings noch in den Sternen. Ein Trainingslager, in dem ein Schnapper im Testspiel noch auf Außen auflaufen muss und dann noch Ausfälle von Max Lorenz, Roman Saure und Niklas Willrodt – es gibt bessere Voraussetzungen für den ersten Spieltag. Auch der Gegner war nicht ohne, denn die Saison sollte direkt mit dem U35-Derby starten. Die Zweitvertretung von Teutonia Riemke, frisch abgestiegen in die Kreisliga, stellte den ersten dicken Brocken in einer Saison, in der das Heimteam von Spiel zu Spiel dafür arbeiten muss, seine spielerische Klasse auch auf die Platte zu bringen. Ein Derby in eigener Halle gegen einen auf dem Papier starken Gegner, ein überwiegender Anteil an Gästefans auf der Tribüne und dazu noch eine personell schwächer ausgefallene Vorbereitung – ideale Voraussetzungen sehen anders aus. Als Gipfel der schlechten Omen verliert am Mittag auch noch der kickende VfL gegen Preußen Münster – Heimspiele gegen in grün spielende Mannschaften stehen also nicht unter dem besten Stern. John Knihser ist das alles völlig egal – er zündet in der Bastion NGB seine Mannen frei nach dem Motto „Sechs Freunde und ein Torwart müsst ihr sein“ an und schon fliegt der Ball in der Kreisliga.

Die ersten Minuten der neuen Saison sind zumindest spielerisch ein behäbiges Abtasten – beide Seiten haben etwas Moos angesetzt und sind sichtlich darum bemüht, im Angriff erst einmal in ihre Abläufe zu kommen. Das gilt allerdings nicht für die Deckungsreihen, die bereits ab Anpfiff auf Betriebstemperatur sind. Die Schnapper auf beiden Seiten haben einen Logenplatz, wie es direkt ordentlich auf die Kauleiste gibt. In den ersten fünf Minuten verteilen die Schiedsrichter drei persönliche Strafen für den VfL, der früh klar macht, was für eine Art Spiel dieses Derby wird. Über 2:2 und 4:4 entspinnt sich eine ausgeglichene Anfangsphase, bei der die Gäste aus dem Bochumer Norden früh ihre Probleme aus dem gebundenen Spiel andeuten. Die weiße Wand verschiebt stark und falls doch ein Ball durch das Bollwerk fliegt, ist der Schnapper zur Stelle. Zwei Zeitstrafen für Riemke kurz hintereinander läuten die erste gute Phase des VfL ein, der sich mit 7:4 und 9:5 absetzt. Eine Auszeit des Riemker Trainers bringt die Gäste zwar wieder auf 9:7 heran, aber der VfL hält einen kleinen Vorsprung konstant aufrecht, hat immer eine Lösung parat. 147 Sekunden vor der Pause kochen die ohnehin aufgeheizten Gemüter in der Halle dann richtig hoch. Leo Hardam kommt in der Deckung gegen den Rechtsaußen den einen Schritt zu spät und die Schiedsrichter zücken den roten Karton. Unter lautstarken Diskussionen der Spieler und der Zuschauer geht die Bochumer Mannschaft in den richtigen Farben durch ein Tor des auch heute wieder eklig zu bespielenden Sascha Behnke mit 12:10 in die Pause, einmal Durchschnaufen ist angesagt.

Der dezimierte VfL spielt eine gute, aber nicht sehr gute Halbzeit. Die Deckung und Absprache mit dem Torwart klappen gut, aber im Angriff fehlt etwas die Tiefe und der letzte Druck, um die Gäste in Bewegung zu bringen. Essenziell wird in den zweiten dreißig Minuten sein, den Fokus trotz der lautstarken Gästefans und der Aufregung durch die konsequent eine harte Linie durchpfeifenden Schiedsrichter nicht zu verlieren.

Raus aus dem Durchatmen, rein in die zweite Halbzeit. In der zeigen Kapitän Jannik Kocian und der Zauberschnurrbart Knihs am Kreis, dass sie ihr Zusammenspiel aus der Vorsaison nicht verlernt haben, sind für drei der ersten vier Bochumer Tore nach Wiederanpfiff verantwortlich. Die Gäste kommen ebenfalls mit mehr Druck aus der Pause, können zum 14:13 verkürzen und schnuppern ein wenig an zwei Auswärtspunkten. Dazu kommt es aber nicht, denn der VfL spielt jetzt seine Stärken besser aus. Der Knorrwart hat endgültig die Riemke-Form der letzten Jahre wiedergefunden, nagelt sein Tor fachgerecht zu und kassiert mit freundlicher Unterstützung der bärenstarken Deckung nur zwei Gegentore in zwanzig Minuten. Vorne pflügt der Riemker Halblinke Zaubermaus Alex Cousen grob von der Seite um und bekommt die zweite rote Karte der Partie. Den sich bietenden Platz und die müder werdenden Beine der Gäste nutzt der VfL besser, scheitert nur zu oft am Torhüter. In den letzten Minuten kann der Gastgeber noch ein wenig Eigenwerbung für sich betreiben. Neuzugang Gianluca Sarra packt in der Deckung direkt beherzt zu und A-Jugend-Leihgabe Diego Jakobs, dessen Dynamik und Spielfreude dem Spiel der Stroop-Sieben sichtlich guttun, setzt beim 24:18 den Schlusspunkt. Abpfiff, beide Punkte bleiben bei der Bochumer Mannschaft mit den richtigen Farben.

Der VfL startet mit einem Heimsieg in die neue Kreisligasaison. Gegen eine personell zusammengewürfelte Riemker Mannschaft ist es die defensive Stabilität, die Bochum auf die Siegerstraße einbiegen lässt. Auch wenn im Tempospiel und in der Angriffsqualität noch deutlich Luft nach oben ist, zeigt die Bande auch in diesem Spiel die Tugenden, die sie im letzten Jahr stark gemacht hat. Mit dem Platzverweis für Leo Hardam und einer Verletzung von Kraftwürfel Gordon Kempkes, der seinem lädierten Knöchel etwas zu viel Dynamik zugemutet hat, bleibt der VfL trotzdem am Steuer und lässt sich von externen Faktoren nicht aus der Ruhe bringen. Nach dem Spiel ist aber wie immer vor der Feierei und auch wenn die einzelnen Mitglieder der Bochumer Bande ein wenig gestückelt ihrer eigenen Wege gehen – zum Beispiel breit grinsend im Auto zurück auf die Jugendfahrt nach Hinsbeck – bleibt das Gesöff des Abends Stinn-Tonic (50% Gin, 50% anderes Gekröse). Mit einem leichten Dusel und der freudigen Gewissheit, dass der VfL offiziell in der Kreisliga zurück ist, entschwinden die Mannen nach und nach in den Bochumer Abendhimmel.

Den Spruch des Tages liefert der Gast aus Riemke, der das fachkundige „Schweiß vom Boden entfernen“ durch Trainer Sven Wiegand feixend von der Tribüne kommentiert: Der hat mal höher gewischt.

Nicht höher gewischt, aber wie in höheren Sphären gespielt hat Jungspund Diego Jakobs, der nicht nur mit fünf Toren glänzt, sondern vor Spielwitz so sehr sprüht, dass Bochums Kreisläufer ohne Ohren im Kreis grinsen würden und sich dafür konsequent den Spieler des Spiels abholt.

Für den VfL aus der Sommerpause zurückgekämpft haben sich: David Knorr (TW), Fabi Gohl (TW), Max Birkemeier, Alex Cousen (2), Lars Sikorski (2), Diego Jakobs (5), Mark Stinn, Sascha Behnke (5), Sebastian Knihs (4), Gordon Kempkes, Leo Hardam (3), Gianluca Sarra, Matthias Plewnia (2), Jannik Kocian (1).