Unsere Hauptsponsoren
Spielberichte 1. Herren

Endlich wieder Derbystimmung

SV Teutonia Riemke III – VfL Bochum 23: 26 (11:10)

Für Fixe: Der VfL kann sich im Derby im Bochumer Norden auf Deckung und Torwart gewinnen und verdankt einer Leistungssteigerung in Halbzeit Zwei den Auswärtssieg.

Nach der Pause ist vor Riemke. Nach einer durch die Osterferien verordneten Erholungspause seit dem letzten Heimsieg gegen Herbede stand zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs am vergangenen Samstag mit dem Auswärtsspiel bei der Drittvertretung von Teutonia Riemke das Auswärtsspiel mit der kürzesten Anfahrt ins Haus. Das U35-Derby, dessen bewegte Geschichte im letzten Jahrzehnt auf dem Platz für viele enge Duelle und neben dem Platz für gegenseitige Wertschätzung steht, hatte die letzten Jahre nach dem Aufstieg des VfL ausgesetzt, kam jetzt aber direkt im Doppelpack. Das Rückspiel, mit dem der VfL die Kreisklassesaison im Lohring beenden würde, findet schließlich bereits am 04.05. statt. Sportlich waren die Vorzeichen für das Hinspiel stark unterschiedlich. Der Gastgeber aus Riemke fand sich eher im unteren Tabellendrittel, hatte aber mit fünf Punkten aus den letzten vier Spielen das Momentum gedreht und die Spielzeit in sichereres Fahrwasser gebracht. Beim VfL wölbte sich der neue Trikotsatz im schnieken Weiß über einer breiten Brust, hatten die Mannen von Trainer Stroop doch mit nur einer Niederlage in acht Rückrundenspielen einen starken Lauf auf den Hallenboden gezaubert. Diesen Lauf wollte das Auswärtsteam natürlich beibehalten, auch wenn die personellen Ausfälle von Lukas Birkhoff und Julius Kirschner sowie das verletzungsbedingte Saisonaus von Jonas Knaust und Mark Stinn Lücken in das dichte Mannschaftsgefüge reißen. Aushilfe von Liam Bartlett und Dominik Braun aus der zweiten Mannschaft sind da gerne gesehen.

Im strahlenden Sonnenschein eines Frühlingssamstags traf sich die Rasselbande also vor den Toren der Riemker Böll-Halle und auch wenn beim Anblick des Gegners geflüsterte Sätze wie „Der hat mal höher gespielt“ und „Der spielt eigentlich in der /2.“ durch die Luft wabern, ist die sportliche Devise klar. Hinten mauern und die Mauer dann als Sprungbrett nutzen, um im Tempospiel das Spielgeschehen zu bestimmen. Aufgepeitscht vom Einpeitsch-Wart aller Wart Max und vor den Augen der zahlreich mitgereisten VfL-Fans geht es ins Spiel.

Dort erinnert sich der VfL der zuletzt wiedererlangten Tradition der VfL-Dreieinigkeit und verballert den ersten Ball, setzt hinten die erste Deckungsaktion und macht vorne das erste Tor. In der Startviertelstunde entspannt sich ein zähes Ringen, in dem beide Mannschaften aus dem gebundenen Spiel schwertun. Gerade der VfL ist in seinen Aktionen zu behäbig, nicht druckvoll genug und zahlt mit nur vier Toren in 16 Minuten die Zeche. Da hat der im eigentlich dem VfL vorbehaltenen Blau aufspielende Gastgeber sich mit 7:4 bereits ein kleines Polster herausgeworfen. Den Zahn ziehen die Gäste Riemke aber schnell wieder, der bis dahin blass gebliebene Schnapper pariert zwei freie Bälle nach dem Durchbruch und schnell steht es 7:7. Dann wird es übersichtlich auf der Platte. Nach einer knappen und kniffligen Situation im Gegenstoß, bei der die Gemüter kurz hochkochen, nimmt das Spiel an Härte und Intensität zu und auf beiden Seiten verordnet das Schiedsrichterduo 120 Sekunden zum Nachdenken, beim Gast sogar mehrfach. Die Überzahl der Gastgeber nutzen diese zur 11:9-Führung, doch als Springfloh Leo Hardam eine Sekunde vor der Halbzeit eine genau handballgroße Lücke im Block findet und zum 11:10 trifft, ist das Momentum auf Seiten des VfL.

In der Kabine heißt es konzentriert bleiben, ist die Marschrichtung doch klar. Das Spiel wird in der Deckung gewonnen, beide Mannschaften werden keine 30 Tore werfen. Das Angriffsspiel muss aber beweglicher werden, mehr Druck auf die Nahtstellen wird in der zweiten Hälfte die nötigen Lücken für Abschlüsse reißen.

Aus der Pause startet der Gastgeber aus Riemke mit drei technischen Fehlern in drei Angriffen und schenkt dem VfL drei Bälle, die dieser zielsicher zum 11:13 verwertet. Da der heute vor Energie überkochende Kraftwürfel Gordon Kempkes das 12:14 von Teutonia umgehend kontert, schallt bereits nach sechs Minuten und 13 Sekunden die Sirene zur Auszeit, Riemke muss sich berappeln. Aus dem Timeout startet der VfL aber mit einer Parade von Knorrwart David zwischen den Pfosten und hält den Abstand durch einfache Tore aus dem Rückraum bis zur 43. Minute konstant bei vier Toren. Dann überlistet der starke Linksaußen der Gastgeber den Bochumer Torwart mit zwei blitzsauberen Drehern, der Anschluss ist beim 17:18 wiederhergestellt. Die Schlussviertelstunde verspricht spannend zu werden, kann doch hier wieder das Grosche-Theorem bemüht werden: Die letzten 15 Minuten entscheiden Spiele. Und in diese Crunch-Time starten beide Mannschaften auf Augenhöhe. Bis zur 51. Minute sind es zwei Tore Vorsprung, doch dann schaltet der Gast mehrere Gänge hoch und rupft dem leicht überrollten Gastgeber die Spielkontrolle aus den harzverklebten Fingern. Hinten sind die langen Gräten von Torwartkrake David Knorr nur vom Siebenmeterpunkt zu überwinden, mehrere Paraden gegen freie Würfe gießen das Fundament, mit dem Ball in einen starken Flow zu kommen. Vorne trifft die linke Angriffsseite mit dem Glück des Tüchtigen. Max, Leo, Leo, Max und als sich der Sturm gelegt hat, waren die Riemker Torhüter zwar an mehreren Bällen dran, aber drin waren die Würfe trotzdem. Mit noch vier zu spielenden Minuten scheint beim 19:25 der Drops gelutscht, aber der VfL wäre nicht der VfL, wenn es so leicht wäre. Drei Ballverluste im Angriff nutzt der wurfgewaltige Benjamin Stüber im Rückraum der Gastgeber zu einfachen Toren und kurz vor dem Ende ist der Vorsprung innerhalb weniger Minuten auf drei Tore geschmolzen. Den Schlusspunkt setzt dann aber erneut der Schnapper, der mit einer Doppelparade gegen Rückraumkracher und Kreisläufer beim eigentlich sicheren Sieg den Deckel nochmal extra festdreht.

Der VfL gewinnt damit ironischerweise ein Spiel in der richtigen Stadt gegen eine Mannschaft in den richtigen Farben, die auch noch das richtige Bier trinkt. Die große Fangruppe, deren Lautstärkepegel besonders bei Einsätzen von Rückraumwühlmaus Roman Saure exponentiell anschwillt, verwandelt die mit Harz gesalbten Bretter der Halle in eine Partylocation in Blau und Weiß, der „richtige“ Bochumer Verein entscheidet ein gefühltes Heimspiel in der Fremde für sich. Die Mannschaft von Trainer Stroop zeigt, dass auch unruhigere Fahrwasser wie ein mieser Start in die Partie oder die Verletzung von Gian-Luca Nunes Vetra, der unglücklich auf den Nacken stürzt, das Selbstverständnis nicht ankratzen kann. Die Recken in Weiß sind dann gut, wenn sie den Fokus auf die eigenen handballerischen Fähigkeiten setzen und Nebengeräusche wie vermeintlich schlechte Schiedsrichterentscheidungen ausblenden. Aus einer starken Mannschaftsleistung ragt neben Gordon Kempkes mit fünf starken Toren auch Lars Sikorski mit 100% verwandelten Siebenmetern hervor. Für den VfL, dem die Niederlagen gegen Scherlebeck und Hattingen aus der Hinrunde immer noch wehtun, geht es am kommenden Wochenende zum (nach Minuspunkten) Tabellenführer aus Rauxel. Erst einmal geht es aber, nachdem der Mannschaftsbus des VfL mit Hopfenkaltschale und die Kehle von Busfahrerin Mary mit Apfelschorle gut getränkt sind, über den Umweg einer lokalen Pizzeria und mithilfe spannender neuer Berufe wie Inklusionshelfer für Kreisläuferdrehungen – Arbeitstitel „Torben-Turner“ – in die Bochumer Nacht. Glück auf und Prost.

Den Spruch des Tages liefert Co-Trainer und Sprücheklopf-Vizealtmeister hinter Handballehefrau Paule Lars Sikorski, der anmerkt, dass das Tragen der eigentlich dem glorreichen VfL vorbehaltenen Farben am blauen Rand des Spektrums ein vom Heimteam willentlich eingegangenes Wagnis ist, welches durchaus zu spontanen und schmerzhaften Entladungen kinetischer Energie in der Esszimmerpartie der Betroffenen führen kann. Um auch in Abwesenheit von Ruhrpottschnauze Patrick Heyer die lokale Mundart beizubehalten, war die Formulierung allerdings etwas direkter: „Selbst schuld, wenn die in Blau spielen. Dann bekommen die auf die Fresse.“ Abgesehen von körperlicher Intensität auf der Platte und markigen Sprüchen bleibt das Derby jedoch freundschaftlich, nach dem Spiel wird gefachsimpelt und angestoßen.

Spieler des Spiels wird, da Kapitän Jannik Kocian bei der Verkündung der Wahl in einer Diminutiv-Welt aus -chen und anderen Verniedlichungen gefangen ist, das Knorrwärtchen, das trotz seiner 195 cm Schlaksigkeit die ganze Breite an Torwartparaden zeigen konnte.

Für den VfL geackert, gegault, gekämpft, gesiegt haben: David Knorr (TW), Max Birkemeier (3) , Leo Hardam (5), Liam Bartlett (1), Gordon Kempkes (5), Gian-Luca Nunes Vetra, Lars Sikorski (7/4), Jannik Kocian (1), Roman Saure (2), Matthias Plewnia (2), Dejan Sebesic, Torben Aspöck, Sebastian Knihs.

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert