VfL Bochum – VfL Gladbeck 3 33:27 (15:11)
Für Fixe: Die Bochumer ballern gerade auf der linken Angriffsseite quasi nach Belieben und sind nach einem starken Spiel in der Rückrunde weiter ungeschlagen.
Woche um Woche zieht im Februar 2024 ins Land, Regen und allgegenwärtige Baustellen ziehen die Stimmung in der schönsten Stadt im Ruhrgebiet langsam herunter, doch eine unbeugsame Bande von Bochumer Buben lässt sich selbst durch die Verschiebung der nächsten Heimpartie gegen die Namensvettern und Stauder-Connaisseure vom VfL Gladbeck nicht die Laune verhageln. Eine Anwurfzeit am Sonntagmittag sorgt anstelle eines ordentlichen Heimspieltages zumindest für eine volle Heimhalle in Wiemelhausen, die die Maurermeister vom VfL so langsam wieder in eine Festung verwandeln. Selbst der dem Gott Odin gleiche Thomas Galbas war mit Nachwuchs aus Valhalla herabgestiegen, um sich das Handballfest nicht entgehen zu lassen und nahm standesgemäß am Spielfeldrand Platz. Nach den Unentschieden gegen Schalke und in Bommern war die Truppe von Trainer Stroop in der Vorwoche in Gladbeck gegen den TV wieder auf die Siegerstraße eingebogen und hatte die fast vergessene Bochumer Tugend eines starken Endspurts wieder aufleben lassen. Mit der Rückkehr von David Knorr zwischen und hinter die Pfosten und der Genesung von Rückraumkanonier Julius Kirschner konnte Bochum auf eine volle Bank bauen. Der Gegner aus Gladbeck hatte sich in den letzten Jahren als Mannschaft auf Augenhöhe etabliert, gerade bei der knappen Niederlage im Hinspiel Ende November hatte der VfL Luca Baukholt auf Halblinks bei keiner seiner 16! Hütten entscheidend stören können. Im Rückspiel musste es also eine wie so oft kompromisslose Deckung und ein ebenso konsequentes Angriffsspiel richten. Kurz gesagt: Heute gewinnt der, der mehr in den Schmerz geht. Aufgerüttelt vom Kapitän höchstselbst präsentiert der VfL noch einmal seine stolzgeschwellte Brust unter dem schnieken neuen Heimdress, bevor es im Duell Moritz Fiege gegen Jakob Stauder in die zweite Runde geht.
Auf der Platte starten beide Teams flüssig, zwei Tore der Gladbecker kontern der von Jannik Kocian schick freigespielte Knihser am Kreis und der im Hinspiel etwas glücklose, seit Wochen aber treffsichere Matti auf Rechtsaußen zum 2:2. Bis zum 8:8 nach 18 Minuten entbrennt ein flottes Spiel auf Augenhöhe, bei dem sich überhastete Abschlüsse des Heimteams und nicht verwertete Chancen der Gäste die Waage halten. Dann legt Linksaußen Max Birkemeier die wie in Wiemelhausen üblich harzfreie Pille dem Schnapper aus Gladbeck durch die Beine und bläst so zum ersten Bochumer Sturmlauf. Zusätzlich angestachelt von einem jetzt immer besser aufkommenden Knorrwart im Tor setzt sich der richtige VfL mit vier Hütten in drei Minuten auf 12:8 ab und zwingt den falschen VfL zur ersten Auszeit. Diese Auszeit kann Bochum aber nur minimal bremsen, die jetzt entfesselte linke Angriffsseite mit Springfloh Leo an der Spitze netzt bis zur Pause noch weitere vier Mal und kann sogar die Bude vom 15:11 wenige Sekunden vor der Sirene noch zum 16:11 kontern.
In der Pause kann der VfL, der durch die Abwesenheit der Mittelmänner Lars Sikorski und Jonas Knaust Kapitän Jannik Kocian die geballte Handballerfahrung von Fünf-Minuten-Paule Ruppersberger zur Seite stellt, mit Alex Cousen eine weitere Option begrüßen. Auf der Platte geht es darum, weiter den entscheidenden Schritt zu gehen und die Spannung hochzuhalten, gerade in der Deckung. Es muss ein sogenanntes Sikorski-Spiel werden, dreckig und mit bedingungslosem Einsatz.
Aus der Pause kommen die Bochumer, bedingt durch mehrere schnell hintereinander einschlagende Zeitstrafen, mit ordentlich Sand im Getriebe. Auch ein gehaltener Strafwurf und ein in die kurze Ecke gemogelter Wurf aus spitzem Winkel können nicht verhindern, dass Gladbeck sich über 17:14 auf 18:17 heranrobbt. Bis zum 24:20 nach 45 Minuten ist es vor allem eine doppelte Überzahl, in der das Heimteam seine heute starke Offensivpower ausspielen kann. Dieser herausgeballerte Vorsprung ist beim 25:24 in der 50. Minute aber schon wieder Geschichte, der schon angesprochene Schritt zu wenig und das Quäntchen Pech im Abschluss lassen die Hoffnung der Gladbecker am Leben. Dass aus dem Funken der Hoffnung keine Flamme wird, die die Siegchanchen der Bochumer niederbrennt, liegt an drei Faktoren. Zum einen ist Leo Hardam heute immer für eine wichtige Bude gut und trifft unter anderem zum 26:24 und 28: 24. Zum anderen kauft der zwischenzeitlich schwächere Schnapper den Außen der Gäste jetzt Ball um Ball ab, die vielbeinige und vielarmige Deckung tut ein Übriges. Diese beiden Punkte überragt aber noch die Spielfreude der Bochumer, die den Ball flüssig und mit Spielwitz durch die Reihen laufen lassen und zeitweise Ballstafetten aufs Parkett zaubern, dass manch ein Zuschauer denkt, die Malocher im Dunkelblaumann hätten mit dem Wechsel ins weiße Trikot auch die Berufung ins weiße Ballett bekommen, ein Kempa-Anwurf von Kreisläufer Torben die Kirsche auf der Sahnetorte. Über 30:25 und 32:26 obliegt es Max Birkemeier, 27 Sekunden vor dem Spielende den Ball ein letztes Mal in die Maschen zu kegeln und damit zwei Punkte für Bochum endgültig einzutüten.
Was ein geiles Handballspiel. Die Partie hatte – ähnlich wie schon das Hinspiel – alles, was das Handballerherz begehrt. Ein aufopferungsvoller Kampf von beweglichen Deckungen vor beidseitig guten Torhütern, aber vor allem im Angriff flüssige Abläufe und raffinierte Lösungen, bei denen der Ball überraschend dann doch im Netz zappelt. Garant für den Sieg der Bochumer ist neben einer guten Deckung, die Baukholt bei nur vier Feldtoren hält, die linke Angriffsseite, in der die Achse Hardam – Birkemeier nicht nur spielfreudig, sondern auch sehr erfolgreich insgesamt 19 der 33 VfL-Tore erzielt. Gräbt man eine Ebene tiefer, dann ist es die Mischung aus Spaß am Spiel und an der gemeinsamen Anstrengung und der Gier, selbst erfolgreich zu sein. Es ist diese Gier, die Bereitschaft, auch in eine enge Lücke in der Deckung zu stoßen, nur um dem Mitspieler den halben Schritt Vorteil zu verschaffen, die Bochum in dieser Saison manchmal gefehlt hat. Der VfL aus der richtigen Stadt hat jetzt eine Woche Zeit, die gute Form im Training zu bestätigen und weiter auszuarbeiten. Dann geht es die wenigen Kilometer in den Wanner Sportpark, wo mit dem DSC alte Bekannte in den falschen Farben warten. Wer die letzten Jahre verfolgt hat, weiß, dass es immer besonders intensive und heiß geführte Duelle auf der Platte sind. Ein solches wird auch am Sonntag anstehen. Anwurf ist traditionell zu der unchristlichen Uhrzeit von 11:15.
Den Spruch des Tages liefert Routinier Paul, als Schnapper David den Schiedsrichter freundlich und zuvorkommend auf eine mögliche andere Interpretation der Spielsituation hinweisen möchte: Wenn du diskutieren willst, geh in die Diskothek.
Spieler des Spiels werden in Personalunion mit Leo und Max beide Bochumer Ballermänner, die sich an die harzfreie Zone in Wiemelhausen immer mehr gewöhnen.
Nicht in der Diskothek, aber trotzdem in Feierlaune waren: David Knorr (TW), Leo Hardam (12/3), Max Birkemeier (7), Julius Kirschner (4), Matthias Plewnia (4), Mark Stinn (3), Torben Aspöck (2), Sebastian Knihs (1), Paul Ruppersberger, Jannik Kocian, Gordon Kempkes, Dejan Sebesic, Alex Cousen,