VfL Bochum – HSG DJK Rauxel-Schwerin 2 33:27 (19:10)
Für Fixe: The m’fkin boys are m’fkin back in town. Der VfL bringt über volle 60 Minuten die eigene Stärke auf die Platte und behält gegen den Tabellenführer beide Punkte in der Heimat.
Der 19.11. ist allgemein hinlänglich beschrien nicht nur der Tag, an dem Edson Arantes do Nascimento, besser bekannt als Pelé, vor geschmeidigen 54 Jahren einen leicht zu großen Lederball zum 1.000. Mal in ein deutlich zu großes Tor zauberte, sondern auch das Datum des nächsten Kreisklasseheimspiels in der neuen Heimfestung in Wiemelhausen. Seit dem letzten Heimauftritt – einer knappen Niederlage gegen einen bissigen DSC aus Wanne – hatte sich der VfL erst mit Schlappen gegen Hattingen und Scherlebeck weiter in eine Abwärtsspirale begeben, bevor ein Kraftakt mit einer starken Torhüterleistung in Herbede neben zwei Punkten auch Moral und mannschaftliche Geschlossenheit bewies. Nach zwei Spielen gegen Gegner aus dem absoluten Tabellenkeller hatte sich mit der Zweitvertretung der HSG aus Rauxel ein ganz anderes Kaliber angekündigt. Die Gäste waren nicht nur verlustpunktfreier und unangefochtener Tabellenführer, sondern hatten vor der Karnevalspause auch die bis dahin so starken Königsblauen aus Gelsenkirchen mit der knackigen Hypothek von 15 Toren Unterschied wieder nach Hause geschickt. Es stand den Bochumern also eine junge Truppe ins Haus, die ebenso spielstark wie schnell sein würde. Eigentlich sollte das eine Mannschaft sein, die den Gastgebern liegt, aber eigentlich gewonnene Spiele geben trotzdem keine Punkte. Personell war mit der Rückkehr von Mangahandballer Flemming Hensen und vom Zauberfranken Jonas Knaust Spielwitz und Tempo zurückgekehrt und kompensierte die Ausfälle von Patrick Heyer, Julius Kirschner, Gordon Kempes und Gian-Luca Nunes-Vetra, die sonst ein ordentliches Loch in den normalerweise durchschlagskräftigen Rückraum der Stroop- Sieben reißen würden. Es ist damit alles angerichtet für ein geiles Spiel, in dem Bochum nur gewinnen kann. Befreit Aufspielen und intensiv alles in die Waagschale werfen, so peitscht Kapitän Jannik Kocian seine Mannen ein letztes Mal ein und schon geht es los.
Von der ersten Sekunde an ist der heute mindestens acht-zylindrige Motor des Heimteams direkt voll auf Betriebstemperatur. Den ersten Ball versenkt Max Birkemeier von Linksaußen, die erste Torwartparade folgt sogleich und mit dem ersten Erfolg vom Strich zeigt Lars Sikorski nach gerade einmal 80 Sekunden, wo die Reise hingeht – nämlich ins Land der Schmerzen. Die Deckung ist schnell auf den Beinen und sucht früh den Kontakt gegen den wurfgewaltigen Halblinken der Gäste. Im Angriff läuft die heute harzfreie Pille flüssig und auch sonst ist der VfL wie ein BMW-Fahrer auf einer überfüllten Autobahn: Es wird auch in die kleinste Lücke gestoßen. Mit ordentlich Oktan im Tank und schnellem, intensivem Handball wirft Bochum in 14 Minuten einen 10:6-Vorsprung heraus und kann sich auf einen heute auch gut passenden zweiten Anzug verlassen. Wechsel von der Bank sorgen nicht für einen Bruch im Spiel, sondern reihen sich nahtlos ein. Bestes Beispiel dafür ist Dejan „Seppl“ Sebesic, der als erste Aktion im Spiel kurz mal den körperlich präsenten Zielspieler der Rauxeler in seine Schranken weist. Den Flow der Mannen in Dunkelblau kann auch eine Auszeit der Gäste nicht stoppen, über 12:6 und 14:8 kann die HSG den Abstand bis zum 15:9 nach 23 Minuten nur konstant halten. Liefen Angriff und Abwehr bis dahin schon flüssig, laufen sie jetzt richtig heiß. Angestachelt von einer Auszeit von Trainer Stroop entnervt erst Schnapper David Knorr den Rechtsaußen der Gäste, bevor Kocian – Hensen – Hardam und wieder Kocian mit einem 4:1-Lauf auf 19:10 stellen und sich der Gast leicht überrollt nur in die Pause retten kann.
In der Kabine steckt VfL-Legende Harald Mertin das leicht ergraute Haupt durch die tonnenschwere Kabinentür und liefert direkt die Devise für Halbzeit Zwei mit: Das Spiel wird härter, ruppiger werden. Der VfL muss Vollgas geben und das eigene Ego hintenanstellen. Diese Schlacht gewinnt die Mannschaft.
Wieder auf der Plate stottert der Motor der Bochumer etwas. Das überragende Niveau der ersten Hälfte kann nicht ganz gehalten werden, nach dem 21:13 regieren technische Fehler und heute seltene Fehlwürfe und mit einem 3:0-Lauf robbt sich der Gast wieder heran. Noch 22 Minuten, nur noch fünf Tore Vorsprung – in so mancher Woche wäre dem Heimteam jetzt die Düse gegangen. Aus einer sich aber wieder über den Kampf ins Spiel zurückarbeitende Deckung mit einem guten Keeper ragen in dieser Halbzeit zwei Spieler heraus. Erst ist es mit starken Einzelaktionen Springfloh Leo, der auch ohne sein abgöttisch geliebtes Haftmittel mit zwei seiner insgesamt acht Hütten zum 24:17 und 25:17 netzt und Rauxel so auf Abstand hält. Zehn Minuten vor Schluss heißt es dann Captain on Deck, als Kapitän Jannik zeigt, dass seine Rolle in dieser Saison ebenso teurem wie hochprozentigem Mundwässerchen ähneln: Sie sind in Anbetracht der körperlichen Unversehrtheit nur in gemäßigten Mengen genießbar, dafür brennt die Bude beim Genuß so richtig und ordentlich knallen tut es auch. Erst schlägt er hinten dem Kreisläufer den Ball aus den Fingern und dann schweißt er – als hätte es die letzten zehn Jahre nie gegeben – den Ball maximal zwei Zentimeter über der imaginären Grasnarbe quer einfliegend in die Maschen. Beim 30:22 sieben Minuten vor dem Ende scheint die Messe gelesen, leicht aufkeimende Hoffnung der Gäste erstickt der VfL über genug Erfahrung von der Bank mit Treffern zum 32:26 und 33:26 und geht trotz eines letzten Gegentores mit 33:27 als verdienter Sieger vom Platz.
Was ein geiles Spiel einer unglaublich geilen Mannschaft. Bochum spielt wie aus einem Guss und auch wenn zeitweise Spieler aus der Mannschaft herausragen, so erhebt sich doch niemals jemand über die Mannschaft. Ein bedingungsloser Einsatz für den Nebenmann und die Bereitschaft, den Kampf und auch den Schmerz anzunehmen, sind die Zutaten, aus denen Spielwitz und Selbstvertrauen wachsen. Zu keiner Sekunde verliert der VfL seinen Fokus und zeigt damit, zu welchen Leistungen jeder einzelne fähig ist, wenn Konzentration und Einstellung stimmen. Fehler passieren – geschenkt, aber die anstands- und kommentarlose Einordnung in ein Mannschaftsgefüge, positive Stimmung und auch von draußen gelebter Team – und Kampfgeist zeichnen die Mannen mit dem VfL-Emblem auf der Brust aus.
Neben dem Einsatz und der Bereitschaft, die allein sicherlich nicht zum Gewinn eines Handballspiels reichen, zeichnet die Truppe der Mut aus, Fehler machen zu dürfen und dadurch konsequent die Entscheidungssituationen zu suchen und für sich zu entscheiden. Gerade 33 Tore sind für ein manchmal stockendes Angriffsspiel des VfL ein Segen, den sich die Truppe erarbeitet hat. Der Nimbus der Stärke in der nach wie vor leicht zuschauerunfreundlichen Heimhalle ist wiederhergestellt. Zur Feier des Tages gewinnen die Damen und die „Dritte“ ihre Spiele, während die „Zweite“ einen Punkt erkämpft. Diese standesgemäßen Ergebnisse leiten einen denkwürdigen Sonntag ein, in dem Erfolgstrainer, Erfolgsspieler, Dampfplauderer, Moritz-Fiege-Ultra und rundherum einfach geiler Typ Rob „Rob 1-100“ Fischer seinen 50. Geburtstag im Dienste des geilsten Sports der Welt feiert. Auch an dieser Stelle nur die allerherzlichsten, harzverschmierten und unterhalb der Gürtellinie zu leicht bekleideten Glückwünsche. Für die Bochumer Jungen geht es am nächsten Wochenende nach Gladbeck, wo gegen die Drittvertretung des VfL zwei gute Spiele zu einer Siegesserie ausgebaut werden sollen.
Den Spruch des Spiels liefert im Laufe des Abends Gohli Fabi mit einem seiner schon an René Descartes erinnernden, philosophisch angehauchten Bonmots: Dass, was ich mache, gibt’s doch gar nicht.
Spieler des Spiels wird der auf fremden Sohlen (und Socken) famos aufspielende Leo Hardam, der mit seinen acht Buden seine Truppe immer dann am Schopf hochzieht, wenn es knapper zu werden droht.
Für den VfL Wiemelhausen in ein Tollhaus verwandelt haben: David Knorr (TW), Fabi Gohl (TW), Jannik Kocian (5), Lars Sikorski (4/2), Leo Hardam (8/1), Niklas Willrodt (1), Paul Ruppersberger, Torben Aspöck (2), Max Birkemeier (2), Mark Stinn (2), Matthias Plewnia (4, Flemming Hensen (5), Dejan Sebesic, Jonas Knaust.