VfL Bochum – DSC Wanne-Eickel 26:28 (15:13)
Für Fixe: Der VfL verballert im Heimspiel gegen Wanne zu viele klare Dinger und verliert in einer knappen Schlussphase erst den Kopf und dann das Spiel.
Immer wieder samstags ruft der Handball – und der schönste Sport der Welt hatte die Truppe von Trainer Stroop erneut in die brandneue Halle am neuen Gymnasium gerufen. Nach den Siegen gegen Bommern und Gladbeck hatte sich mit dem DSC aus Wanne ein Mitabsteiger aus der Kreisliga angekündigt. Die Gäste aus der Nachbarstadt hatten im Rückspiel der Vorsaison mit einer couragierten Leistung einem seltsam kraft- und emotionslosen VfL komplett den Schneid abgekauft und im Bochumer Wohnzimmer am Lohring deutlich gewonnen. Eine offene Rechnung bestand also noch. Spielerisch brachte der DSC nicht den schnellsten, aber einen gut eingespielten und sehr körperbetonten Stil mit immer wieder hochkochenden Emotionen mit. Dem wollte Bochum, bei dem Rückkehrer Julius Kirschner und Marc Stinn die Abwesenheiten von Leo Hardam, Max Birkemeier und den Kreisläufern Torben Aspöck und Niklas Willrodt kompensieren sollten, einen zügigen Ball aus einer intensiven und beweglichen Deckung entgegenstellen.
Auf dem Spielfeld hat das Heimteam zu Beginn alle Fäden in der Hand. Das erste Tor des Kapitäns, die erste Parade des Schnappers und die ersten einfachen Ballverluste gehen auf das Konto der Bochumer, die den langen Angriffen der Gäste körperlich viel entgegensetzen, denen im Angriff aber die letzte Präzision fehlt. Beim 3:3 in der zehnten Minute hat Knorrwart David mit einem gehaltenen Siebenmeter einem Spiel seinen Stempel aufgedrückt, in dem jetzt die erste starke Phase des VfL kommt. Schnelle Gegenstöße und etwas Glück im Abschluss führen zu einer 6:3-Führung nach zwölf Minuten, der sich Wanne mit zwei Toren des insgesamt zehn! Mal erfolgreichen Halblinken entgegenstemmt. Bis zum 9:8 in der 17. Minute bleibt der Gast in Schlagdistanz, bevor konsequentes Tempospiel der Bochumer den Vorsprung auf vier Hütten anschwellen lässt. Ein guter Vorsprung, eine doppelte Unterzahl für den Gegner, wer die Mannen im Dunkelblaumann kennt, dem schwant Übles. Als in der 26. Minute Trainer Stroop die fällige Auszeit nimmt, ist der Vorsprung beim 13:12 auf ein mickriges Büdchen geschrumpft. Nachlassende Intensität und unforced errors – also Fehler ohne Gegnereinwirkung – zeigen erneut ihr hässliches Gesicht. Bis zur Pause kann Bochum, angeführt von einem auch mit angeschlagener Gesundheit enorm wichtigen Jannik Kocian, den Abstand auf 15:13 halten.
In der Kabine wackeln die frisch gestrichenen Wände der Halle. Laut wird es, und das zurecht. Der VfL verfällt in alte Muster, nickt fast ein und lädt so den Gegner wieder ins Spiel ein. Das muss im zweiten Durchgang besser werden, denn langsameres, körperbetontes Spiel liegt eher den Gästen.
Aus der Pause kommt besagter Gast auch wie die Feuerwehr. Ein Wechsel im Gästetor macht den Gastgebern schwer zu schaffen, der Lauf der in Gelb angetretenen Eickler wird beim 15:16 nach 33 Minuten erst durch eine zumindest diskutable rote Karte gestoppt. Im weiteren Verlauf entspannt sich ein enges und spannendes, aber nicht hochklassiges Spiel, bei dem trotz am Ende 54 Toren die Schnapper hervorstechen. Bochum geht mit 17:16 in Führung, weil Lars Sikorski weiterhin Frostschutzmittel statt Blut in den Venen hat. Wanne kann auf 17:18 drehen und zieht dann trotz eines Paul-Ruppersberger-Gedächtnistores in Mittelstürmermanier durch Patrick Heyer bis auf 18:22 davon. In der 43. Minute sind es die durch überhastete Ballverluste verursachten Gegenstöße, die die Bomberstaffel ins Hintertreffen zwingen. Bochum wäre aber nicht Bochum, wenn sich die Malochertruppe nicht am eigenen Haupthaar aus dem Sumpf ziehen könnte. Zwei Kracher von Julius Kirschner sorgen für das 21:23 und die Auszeit der Gäste. Aus der kommend erzielt Bochum das 22:23, dann aber dreht wieder der Halblinke der Gäste auf. Direkte Konter auf Tore von Jonas Knaust und Roman Saure halten den Abstand beim 23:25 und 24:26 konstant. Eine letzte Besprechung im Time-Out fünf Minuten vor dem Ende soll die Wende bringen, aber im Mannschaftskreis ist eine Stimmung wie auf einer Beerdigung. Ansporn, Emotion, unbedingter Wille müssen her. Fünf ganze Minuten können im Handball sehr lang sein, genug Zeit ist also. Wieder ins Spiel startet der Endspurt, bei dem die Mannschaft die Entscheidung sucht, aber hektisch und fehleranfällig entweder Fehlpässe in die wartenden Arme der Deckung spielt oder am Torwart der Gäste scheitert, der jetzt gerade aus sechs Metern die Kiste konsequent zumauert. 40 Sekunden vor dem Schlusspfiff nagelt Julius Kirschner das runde Leder beim 26:28 ans Lattenkreuz und damit zerplatzen auch die letzten Seifenblasen der Hoffnung. Wanne hält den Ball und die zwei Punkte fest und die Wiemelburg ist erstmals gestürmt.
Wanne gewinnt, weil Bochum wieder mal den Kopf verliert. Wer das Spiel in der letzten Saison gesehen hat, wird das Gefühl nicht los, auch eine Spielzeit von 18:48 Stunden würde an dem Ergebnis wenig ändern. Der DSC scheint das Kryptonit für die guten Vorsätze der Bochumer zu sein, die ihre Stärke nur phasenweise auf den Platz bringen können. Bei allem Respekt für den Kampfgeist des Gegners sind es vorne die mangelnde Chancenverwertung und die fehlende Ruhe und hinten die immer weniger werdende Einsatzbereitschaft, durch die sich die Deckung Schritt um Schritt zurückdrängen lässt. Abseits von allen Diskussionen um ein Mannschaftsgefüge und eine seltsam wirkende Emotionslosigkeit muss sich jeder Spieler selbst hinterfragen. Die ganze Saison muss aber noch nicht in Frage gestellt werden, die Marge für weitere Fehler und Niederlagen ist nur sehr schmal geworden. Das Spiel hinterlässt wie das Getränk in der Spieler-des-Spiels-Tüte einen sauren Geschmack im Mund der Bochumer, die nach spielfreien Wochen erst am 21.10. im Gastspiel bei der HSG Sprockhövel-Hattingen ihre Scharte ausmerzen können.
Der Spruch des Spiels stammt vom an diesem leider nur als Sprücheklopfer erfolgreichen Patrick Heyer: Wananas war da denn los?
Spieler des Spiels wird Knorrwart David, dem der Frust über die Niederlage offensichtlich die Luft aus der Hose gezogen hat.
Für den VfL aufgelaufen sind: David Knorr (TW), Fabi Gohl (TW), Matthias Plewnia (3), Julius Kirschner (5), Jonas Knaust (5), Lars Sikorski (3/3), Patrick Heyer (2), Mark Stinn (2), Jannik Kocian (2), Gordon Kempkes (1), Roman Saure (2), Sebastian Knihs (1), Flemming Hensen, Dejan Sebesic.