VfL Bochum – TV Gladbeck 2 30:26 (15:14)
Für Fixe: Der VfL bewahrt in der neuen Heimhalle die blütenweiße Weste und gewinnt mit einer bärenstarken Teamleistung eine intensiv geführte Partie gegen den TV Gladbeck 2.
Sonntagmittag, Septembersonne, Sporthalle – statt das wahrscheinlich letzte Spätsommerwochenende bei Kaffee und Kuchen auf der Terrasse zu genießen, schlägt sich eine bereits als bärbeißig betitelte Bande Bochumer Buben den Nachmittag in einer stickigen Sporthalle um die abstehenden Ohren. Nach der sportlich überschaubaren Herausforderung gegen den fälschlicherweise als Fast-Absteiger verkauften Aufsteiger aus Bommern in der Vorwoche stand mit der Zweitvertretung des TV Gladbeck ein deutlich dickeres Brett im Handballregal der Bochumer. Die Gäste würden als große Wundertüte den Weg in die schönste Stadt des Ruhrgebiets antreten, hatten aber als Empfehlung den Sieg gegen Schalke im Gepäck. In der Spielvorbereitung spielte der Gegner keine große Rolle, vielmehr musste die Mannschaft von Trainer Stroop den manchmal unangenehmen Blick in den Spiegel suchen. Spielerische Wundertüten würden im Saisonverlauf noch einige warten, der VfL muss aber in der Lage sein, den eigenen Stiefel sauber herunterzuspielen und die notwendige Intensität und Härte für 60 Minuten auf die Platte zu bringen. Diese Körperlichkeit und Seriosität standen im Training bereits im Fokus, mit Anpfiff war die Mannschaft nun in der Pflicht, zu liefern.
Heiß wie Frittenfett und bis in die Haarspitzen motiviert betritt die Truppe in Dunkelblau das Spielfeld, um von Anfang an das Gaspedal an der Ölwanne festzuschrauben und das Lenkrad nicht eine Sekunde aus der Hand zu geben. Den ersten Impuls setzt die Achse Knihs-Kocian, als der Knihser vom Kreis das gefühlvolle Anspiel des Kapitäns sicher verwertet. Trotz des guten Starts kann sich Bochum aber nicht absetzen, muss technischen Fehlern und mangelndem Zielwasser im Abschluss Tribut zollen und den Gast mit 5:3 wegziehen lassen. Bis zum 5:6 in der 12. Minute bleibt es eng, bevor sich der Knackpunkt zeigt, der die restliche Partie bestimmen wird – das Momentum und die Läufe im Spiel schwanken stark. Eine Überzahl der Bochumer führt zu einem 5:0-Lauf, der nur von der Timout-Tröte der Gladbecker unterbrochen wird. Nach der kurzen Besprechung berappelt sich der Gast, startet gar selbst einen 4:0-Lauf, nach dem Trainer Stroop den VfL in der Auszeit wachrütteln muss. Ein halber Schritt weniger, das bisschen mangelnde Intensität und schon sind die Lücken für den TV groß genug. Bis zur Halbzeit bleibt es eine Partie auf Augenhöhe, in der die Recken des Heimteams immer häufiger auf der Bank Platz nehmen müssen. Der zeitweise dreifachen Unterzahl stemmt sich Springfloh Leo entgegen und netzt gegen eine dreifache Deckung einfach trotzdem. Beim 15:14 nach Ablauf der ersten 30 Minuten hat sich kein Team absetzen können, Durchatmen ist erst einmal angesagt.
In der Kabine fasst der Knihser den Masterplan gut zusammen: Der VfL muss sich nur auf sich konzentrieren, Störfeuer wie gefühlte Fehler der Schiedsrichter oder redselige Gegenspieler ignorieren und wie vor dem Spiel schon angesagt den eigenen Stiefel runterspielen.
Aus der Kabine kommt der VfL beweglich, bleibt aber in Unterzahl. In den neun Minuten von der 28. bis 37. Spielminute hagelt es insgesamt neun! Zeitstrafen für die Bochumer, die sich in der Phase auf den für den angeschlagenen Knorrwart ins Tor gewanderten Fabi Gohl verlassen können und erst in der 38. Minute das 17:17 kassieren müssen. Gladbeck nutzt die Unruhe und mangelnden Kräfte der Bochumer aber doch noch aus und stellt mit einem 4:0-Lauf auf 17:19. Über 18:20 in der 42. Minute hin zum 20:23 in der 48. Minute bleibt der Vorsprung der Gäste weiter konstant, bevor die zweite Auszeit des Bochumer Trainerteams den Endspurt einläutet. Crunch-Time, in den letzten Jahren eigentlich oft VfL-Zeit, soll den Sieg und die Punkte noch in Bochum halten. Eine Umstellung in der Abwehr spült Neuzugang Jonas Knaust an die Spitze einer 5-1-Deckung, aus der das Heimteam jetzt richtig Randale macht. Zwei schicke Tore von Jannik Kocian und Torben Aspöck aus dem Positionsspiel kann Gladbeck noch mit dem 22:24 kontern. Dann aber sorgt Fabi Gohl dafür, dass die Außen der Gäste noch lange an ihn denken und kauft gerade dem Linksaußen mehrere Bälle aus gutem Winkel ab. Zudem läuft mit Jonas der zweite Bochumer Import von jenseits des Weißwurschtäquators – nach dem berüchtigten Spätzlebomber Dominik „Schwabi“ König – mal so richtig heiß. Der gefühlt beste Würzburger Sportexport nach Dirk Nowitzki trifft in fünf Minuten vier Mal und stellt beim 28:24 in der 55. Minute alle Marker klar auf Sieg. Tore von Jannik Kocian und Mr. „30. Tor“ Flemming Hensen komplettieren den 10:1-Lauf der Bochumer, die mit dem 30:24 vier Minuten vor dem Ende endgültig den Deckel draufmachen. Zwei Zeitstrafen, zwei daraus resultierende rote Karten und zwei Tore Ergebniskosmetik des TV sind die Bilanz der letzten Minuten, an deren Ende die Bochumer einen verdienten Sieg des Willens und der Mannschaft feiern können.
Endlich. Endlich belohnt sich der VfL für eine gute Leistung in einem schweren Spiel. Die mannschaftliche Geschlossenheit und eine kompromisslose Deckung mit einem gut aufgelegten Schnapper dahinter sind in der Schlussviertelstunde der Garant für zwei gewonnene Punkte. Der Fokus auf das eigene Spiel, der Schulterschluss grade in Unterzahl und das nötige Quäntchen Spielglück sind weitere Faktoren in einer Partie, bei der nur mangelnde Konzentration im Abschluss ein höheres Ergebnis verhindert. Nach dem schlechten Auftaktspiel haben sich die Bochumer mit zwei Heimsiegen wieder berappelt, vor einer kurzen Pause durch die Herbstferien stehen noch die Spiele beim VfL Gladbeck III und gegen den DSC Wanne-Eickel an.
Den Spruch des Spiels steuert Schnapper Fabi, immer ein Quell an lehrreichen Bonmots, noch vor dem Anwurf bei: Das ist doch ganz einfache Mathematik, wenn du mit 14 spielst und der Gegner mit 11, spielst du am Ende 3 gegen 0.
Spieler des Spiels wird der mit seiner Dynamik und Torgefahr für die Gladbecker kaum zu haltende Jonas Knaust, der damit neben erstem Spiel und erstem Tor auch direkt die erste Ehrung einsammelt.
Für den VfL als Mannschaft gesiegt haben: David Knorr (TW), Fabi Gohl (TW), Max Birkemeier (1), Patrick Heyer (3), Lars Sikorski (3), Jannik Kocian (4), Matthias Plewnia (2), Torben Aspöck (2), Jonas Knaust (5), Leo Hardam (6), Gian-Luca Nunes Vetra (1), Flemming Hensen (2), Sebastian Knihs (1), Niklas Willrodt.