VfL Bochum – Bochumer HC 25:29 (12:15)
Für Fixe: Der VfL wirft 60 Minuten im Derby alles in die Waagschale, macht aber gegen das Tempospiel des BHC gerade zu Spielbeginn zu viele Fehler.
Sporthalle Berliner Straße, Wattenscheid, Bochumer Handballderby. Wer sich bei diesen Schlagworten nicht am Kopf kratzt, hat entweder die Eingemeindung des 73.215-Seelen-Dörfchens im Westen Bochums im Jahre 1974 schon akzeptiert oder ist mit der Hallensituation in Bochum selbst bestens vertraut. Auch wenn es komisch klingt, die harzverschmierte luftgefüllte Schweineblase fliegt trotzdem. Zwei Wochen Zeit hatte der VfL gehabt, um die Leistung aus dem Spiel gegen Wanne zu verdauen. Deckel drauf, Mund abgeputzt, Blick nach vorne. Da wartet mit dem Bochumer HC ein dickerer Brocken, stand der Gast doch im oberen Tabellendrittel. Handballerisch in den letzten Jahren ein Duell auf Augenhöhe, trennt die beiden Bochumer Kreisligisten in 180 gespielten Minuten nur ein mickriges Törchen. Personell konnte der VfL mit der Rückkehr von Leo Hardam, Julius Kirschner, Gian-Luca Nunes Vetra und Roman Saure aus dem Vollen schöpfen, 15 Namen fanden sich auf dem Spielberichtsbogen. Die geballte Manpower auf dem Spielfeld in Tempospiel und Einsatz umzusetzen, war damit ein Matchplan für den VfL, der sich fast schon von selbst aufstellt. Den Extraschritt für den Nebenmann gehen, alles in die Waagschale werfen und schauen, was rauskommt – Handball eben.
In die Partie kommt der VfL mit etwas Sand im Getriebe. Technische Fehler, Pech im Abschluss und darauf aufbauend Gegenstöße durch den Bochumer HC – schnell steht es 3:0 für die in rot aufgelaufenen Gäste. Ein Steckpass an den Knihser am Kreis durch Kapitän Jannik Kocian und das erste Tor des heute stark aufspielenden Flemming Hensen verkürzen auf 2:3, der BHC bleibt aber auf dem Gaspedal und setzt sich bis zum 3:7 in der 12. Minute ab. Da hat die Mannschaft von Trainer Stroop schon den ersten herben Verlust hinnehmen müssen. Zaubermaus Alex Cousen opfert der Mannschaft nicht nur Schweiß und Tränen, sondern auch das gerade Wachstum seines rechten Zeigefingers und stößt nach einem kurzen Wechsel direkt durch die Deckung in die Notaufnahme des Krankenhauses vor. Die Malocher in Blau hängen sich jetzt extra rein, erobern hinten mehrfach die Pille und können beim 6:7 nach 17 Minuten Tuchfühlung wieder herstellen. Damit ist spätestens jetzt richtig Stimmung in der Bude. Egal ob Kapitän Jannik und der gegnerische Halbrechte, die beiden Kreisläufer im Zwiegespräch oder Knorrwart David, der seine eigene Sicht auf manchen Pfiff hat – die Stimmung passt zum Derby. Hart, aber fair geht es auf der Platte zur Sache, Abwehrreihen und Torhüter drängen in den Vordergrund. Vom 7:8 in der 17. Minute bis zum 9:11 in der 24. Minute wird das Spiel langsamer, aber nicht weniger intensiv. In den letzten Minuten vor der Halbzeit kommt die fast schon obligatorische Schwächephase des VfL, der BHC setzt sich auf 11:15 ab, Roman Saure kann mit dem 12:15 mit dem Pausenpfiff immerhin verkürzen.
In der Kabine wird die Marschrichtung für Halbzeit Zwei ausgegeben: Laut bleiben, gierig auf den Ball und das Tor bleiben und das Momentum auf die Seite des VfL ziehen.
Wieder auf der Platte klappt das auch ziemlich gut. Zwei Tore des VfL verkürzen den Rückstand auf 14:16 und 15:17, bevor ein verworfener Siebenmeter und die erste von mehreren Zeitstrafen in der zweiten Halbzeit das Heimteam zurückwerfen. Der BHC stellt auf 15:20, die Stroop-Sieben braucht jetzt eine Initialzündung. Zünden tut Gohli Fabi, der dem Linksaußen einen freien Ball abkauft, einen Siebenmeter an den Pfosten guckt und so das 17:20 ermöglicht. Es ist aber wie so oft in dieser Saison: Punktuell kann der VfL stark mitspielen, das Niveau aber mit den Ausfällen nicht dauerhaft halten. Der Gast setzt sich auf 17:22 ab, der VfL kommt auf 21:24 wieder heran, der Gast zieht auf 22:27 davon. Da sind bereits 57 Minuten gespielt, bei allen Handballwundern in der Geschichte des Sports – heute werden die Punkte nach Langendreer gehen. Am Ende lässt das Heimteam den Kopf aber nicht hängen und bringt das Spiel mit 25:29 noch seriös zu Ende.
Was konstatiert man nach so einem Spiel? Handballerisch wäre mehr drin gewesen, gerade in der zweiten Halbzeit merkt man dem VfL das Fehlen eines gelernten Mittelmanns schon an. Die Verletzungen von Alex Cousen, die Abwesenheit von Lars Sikorski und die Wade von Jannik Kocian tun weh. Der Ball läuft nicht so flüssig durch die Reihen wie gewohnt und die fehlenden Möglichkeiten, die starke Abwehr des BHC in Bewegung zu bringen, kosten wichtige Körner, die dann zur Unzeit fehlen. Mental allerdings ist trotz der Niederlage genau die richtige Antwort gegeben. Die Mannschaft zieht über 60 Minuten an einem Strang, pusht sich gegenseitig und geht den Schritt für den Nebenmann. Der Geist ist stark, aber der Körper hat eben schon zwei Dutzend Saisonspiele in den Knochen. Wie es sich für ein Samstagsspiel gehört, geht es nach Abpfiff über kleine Umwege und einen Schnitzelsnack unter dem Fiege-Banner noch in die Stadt. Richtig so, Bande.
Der Spruch des Tages entspinnt sich im Dialog zwischen Außen Max und Knorrwart David über die Aufregung über den Schiedsrichter:
Max: Heute hatte jeder was zu kacken.
David: Wäre auch komisch, wenn nicht.
Max: Stimmt, gibt Verstopfungen.
Spieler des Spiels wird ein Mann, der heißt, wie ein Handballer in einem Anime heißen müsste: Flemming Hensen. Neben seinem Namen überzeugt unser eingebürgertes Nordlicht mit fünf Toren und mehreren aufmerksamen Steals in der Deckung. (Dass Flemming ungekrönt bleiben muss, lasten wir an dieser Stelle Co-Trainer Lars an.)
Für den VfL im Derby gekämpft haben: David Knorr (TW), Fabi Gohl (TW), Max Birkemeier (6/2), Patrick Heyer (2), Alex Cousen, Leo Thömmes, Roman Saure (2), Jannik Kocian (1), Matthias Plewnia, Torben Aspöck, Leo Hardam (4), Flemming Hensen (5), Gian-Luca Nunes Vetra, Sebastian Knihs (3), Niklas Willrodt, Julius Kirschner (2).