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Spielberichte 1. Herren

Zwei Waden für ein Halleluja

Westfalia Scherlebeck – VfL Bochum 26:19 (9:9)

Für Fixe: Der VfL kann in Scherlebeck seine überragende Deckungsleistung nur gute 40 Minuten aufrechterhalten und verliert folgerichtig, am Ende aber zu hoch.

Sieben Tage waren seit dem klaren und zu keiner Zeit gefährdeten Sieg gegen den TB Beckhausen vergangen, ein Spiel, in dem sich der VfL wieder so richtig zusammengerauft und eventuell aufkommende kleine Risse im Mannschaftsgefüge mit der so wirksamen Mischung aus Schweiß, Fiege-Pils und der würzigen Garnitur von zwei Punkten gekittet hatte. Da der prallgefüllte Terminkalender der Kreisligasaison aber keinen Platz bietet, im Erfolg zu schwelgen, richtete sich die Aufmerksamkeit der Recken fix auf das nächste Spiel. Die inzwischen schon gewohnte Tour de Ruhr führte die Bochumer nur wenige Kilometer nach Norden, wo mit Westfalia Scherlebeck ein unangenehmer Gegner warten würde. Im Hinspiel hatte der Gastgeber aus einer bombenfesten 6:0-Deckung der Stroop-Sieben am Ende den Zahn gezogen und in einem knappen Spiel beide Punkte aus der Halle am Ostring entführt. Um sich entsprechend zu revanchieren, wollte die Mannschaft aus der schönsten Stadt im Ruhrgebiet nicht nur hinten wieder Beton anrühren, sondern vorne auch mit Geduld und Köpfchen klare Situationen herausspielen. Dafür war neben Flemming Hensen auch Iceman Alex Cousen wieder mit von der Partie. Aus der zweiten Mannschaft Dean Cyprian und aus der Dritten Gordon Kempkes komplettierten die Reisegruppe „Blaue Wand“, die mit Leo Hardam, Julius Kirschner und Gian-Luca Nunes-Vetra gleich auf drei Shooter von jenseits der berüchtigten 9-Meter-Linie verzichten musste.

 Ins Spiel startet der VfL mit dem Herz in der Hand und dem vom Gastgeber sportlich fair zur Verfügung gestellten Sprühharz an den Butterfingern. Der erste Pass von Patrick Heyer findet zielgenau Torben Aspöck am Kreis und der schweißt den Ball in die Maschen, streckt nur bei der Drehung den großen Zeh ein Stückchen zu weit in den Kreis. Als Ausgleich für diesen Ausrutscher stellt der Betriebsausflug der Maurermeisterinnung „Blaue Wand und Söhne e.V.“ in der Deckung eine blaue Wand in einer Größe vor den Scherlebecker Angriff, dass die chinesische Mauer dagegen zu einem Sandkastenprojekt einer Gruppe übermotivierter Kindergartenkinder verkommt. Hinter diesem Prachtbauwerk macht Knorrwart David seinem Namen alle Ehre und zaubert Glanzparade um Glanzparade aus dem Kochtopf. Zwei Gegentore in zehn Minuten, noch einmal zwei in den folgenden Acht sprechen eine klare Sprache. Eine bewegliche und körperlich präsente Deckung zwingt Scherlebeck zu technischen Fehlern und zu unvorteilhaften Abschlusspositionen. Vorne klappt es beim Gast dann gut, wenn der Ball flüssig durch die Reihen läuft. Einziges Manko: Die Chancenverwertung. Obwohl vor dem Spiel genau angesagt wurde, welche Bewegungen der gegnerische Schnapper macht, scheitern die Bochumer Schützen zu häufig. Allein Kreisläufer Sebastian Knihs trifft verlässlich und erzielt insgesamt fünf Treffer. Über 3:4 und 5:6 hat der VfL die Nase knapp vorn, auch ein munteres Wechselspiel auf der Scherlebecker Bank kann den Spielverlauf nicht entscheidend drehen. Den 8:7-Führungstreffer der Gastgeber durch den schon im Hinspiel spielbestimmenden Mittelmann kontern Dean Cyprian mit einer Kanonenkugel durch den Torwart und Max Birkemeier mit der feinen Klinge von Außen. Der letzte Treffer der Halbzeit gebührt dem Heimteam aus Herten und mit einem 9:9 geht es auf Augenhöhe in die Kabine.

Zwischen Duschen und Umkleidebänken beschwört Trainer Stroop die Mannschaft, den in den ersten 30 Minuten eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Die Deckung ist grandios, muss aber bei der gleichen Intensität bleiben. Wer nicht mehr kann, wechselt. Zweites Standbein für das gute Ergebnis ist ein konsequentes Rückzugsverhalten. Auch hier gilt: Zähne zusammenbeißen und weiter.

Flugs den letzten Schluck aus der Pausenteetasse ins Esszimmer gegossen und ab geht es in Halbzeit Zwei. In der gewinnt die blaue Wand den ersten Ball und vorne verwandelt der von Nervenflattern komplett befreite Lars Sikorski seinen 23. Strafwurf dieser Saison (bei 24 Versuchen). Das 10:9 sollte allerdings die letzte Führung der Bochumer bleiben, denn ab da entgleitet dem VfL so langsam das Spiel. Es sind keine zehn Minuten, in denen der Gast komplett von der Rolle ist wie gegen Hattingen und Beckhausen. Stattdessen sind es die kleinen Entscheidungen, die Scherlebeck Tor um Tor davonziehen lassen. Ein paar überhastete Abschlüsse, zu riskante Pässe und schon wird aus einem 10:9 ein 10:13 und dann ein 12:14. Trotz einiger starker Deckungsaktionen inklusive eines gehaltenen Strafwurfes kommt der VfL nicht mehr durch die massive 6:0 der Gastgeber. Beim 12:18 nach 48 Minuten gibt es ein Timeout von Trainer Stroop, eine neue Marschrichtung muss her, Tempo ist jetzt angesagt. Das Tempo geht der VfL auch, ist dabei aber zu hektisch und muss nach zwei Ballverlusten beim 12:20 hinnehmen, in 20 Minuten nur zwei Törchen geworfen zu haben. Zwei schnelle Tore vorne später steht es zwar 14:20, aber die Öffnung und der Fokus auf temporeicheres Spiel hat die defensive Ordnung jetzt durcheinandergewirbelt. In den letzten sieben Minuten klingelt es insgesamt noch elf Mal in den Toren, bevor Scherlebeck mit einem verdienten Heimsieg die Punkte in der eigenen Halle behält.

Der VfL kann also auch im Rückspiel gegen Westfalia die guten Ansätze nicht verwerten und verpasst die Chance, auf dem Sieg gegen Beckhausen aufzubauen. Über 60 Minuten brillieren zwar Torwart und Deckung, aber vorne ist Sand im Getriebe. Den Ausfall von Leo Hardam und Julius Kirschner kann die Mannschaft nicht komplett auffangen, es fehlt ohne die leichten Tore aus dem Rückraum eine zusätzliche Dimension im Bochumer Spiel, die es einer gegnerischen Abwehr erlaubt, noch massiver zu stehen und Räume gegen Durchbrüche oder Kreisanspiele konzentrierter zu verteidigen. Zur Ehrenrettung der Bochumer Ballermänner in Teilzeit ist aber auch zu erwähnen, dass Scherlebeck die Abwehr in Abstimmung mit dem Torwart ziemlich gut spielt. Nach 24 gespielten Spielen hat der VfL somit 14 Punkte auf dem Konto, ein wenig Kopfkratzen muss erlaubt sein. Die Reisegruppe Blaue Wand tuckert an diesem Sonntag zu einem nahen Auswärtsspiel 4,5 Stunden durch den Ruhrpott, nur um nach 60 Minuten Sport in einer leicht miefigen Schulsporthalle mit einer Hypothek von sieben Hütten wieder zu Hause anzukommen. Wenn die müden Knochen den Weg durch die Haustür finden, schleicht sich auf leisen Sohlen und trotz aller Mentalität das Gift des Zweifels in den Kopf. Warum tuen wir uns das eigentlich noch an? Kann man Sonntagnachmittage nicht viel besser nutzen? Die kurze Antwortet lautet Nein. Die lange Antwort ist etwas komplexer, dreht sich aber natürlich um die Mannschaft. Jene Bande von bärbeißigen Bochumer Buben, die sich gegenseitig aus der Scheiße zieht und die auch bei stärkstem Gegenwind zusammensteht. Exemplarisch ist das oben beschriebene Spiel. Trotz eines Sieges mit sieben Toren ist es der Gastgeber aus Scherlebeck, der den Schiedsrichter und die Mitspieler anmault oder die Köpfe hängen lässt. Beim VfL fliegen neben gut gemeinten, schlechten Witzen nur Anfeuerungen oder taktische Anweisungen durch die Luft. Ein solches Bild ist charakteristisch für eine Mannschaft, die in einer laufenden Saison wie selbstverständlich ein halbes Dutzend Neuankömmlinge in ihren Reihen aufnimmt und integriert und die sich ihrer mannschaftlichen Geschlossenheit gegen alle sportlichen und menschlichen Widerstände sicher ist. Niederlagen schmerzen immer, gerade die vermeintlich knappen, werden aber im Kreise dieser Jungs erträglicher. Männer, lieber mit euch verlieren als mit einer anderen Truppe gewinnen. Oder, um es mit den Worten des Hamburger Sprechgesangsbarden Bonez MC zu sagen: Nicht ohne mein Team.

Der Spruch des Tages kommt von Kapitän Jannik, der die Verletzungsanfälligkeit der Bochumer Spielmacher treffend seziert: Zwei Waden sind nicht genug für zwei Mittelmänner.

Der Spruch des Tages ehrenhalber kommt vom mitgereisten Spross des Knihsers – dem großen (Spross, nicht der Knihser): Ihr müsst heute nicht traurig sein, nächste Woche gewinnt ihr wieder.

Mit diesem Gemütsaufheller aus Kindermund geht es nächste Woche Samstag in der Festung am Lohring gegen den DSC aus Wanne. Gegen die ebenfalls im Tabellenkeller zu findenden Gäste hatte sich der VfL im Hinspiel noch selbst aus der Krise befreit. Anwurf ist um 17:00, für willige Zuschauer ist die Mannschaft wie immer dankbar.

Spieler des Spiels wird Knorrwart David, der hinter der starken Deckung zeitweise den Zimmermann zu den Maurermeistern macht und sein Tor fachmännisch vernagelt.

Für den VfL in Scherlebeck Stein auf Stein gestapelt haben: David Knorr (TW), Fabi Gohl (TW), Max Birkemeier (2), Patrick Heyer (1), Alex Cousen (2), Lars Sikorski (3/2), Dean Cyprian (1), Jannik Kocian (1), Matthias Plewnia, Torben Aspöck (1), Gordon Kempkes (1), Flemming Hensen (2), Roman Saure, Sebastian Knihs.

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