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Allgemein,  Spielberichte 1. Herren

Am kargen Haupthaar aus dem Niederlagensumpf gezogen

VfL Bochum – TB Beckhausen 30:29 (14:19)

Für Fixe: Der VfL Bochum verteidigt die Festung am Lohring durch starken Einsatz in der zweiten Hälfte und revanchiert sich für die Hinrundenniederlage in Beckhausen.

Die Kreisligasaison 2022/2023 im Handballkreis Industrie umfasst 240 Spiele mit 16 Mannschaften. Nach 22 von 30 Spieltagen und damit 176 Spielen belegt der VfL Bochum den vierten Platz, nur leider aus der falschen Tabellenrichtung. Die deutliche Niederlage in Hattingen und der damit verbundene kollektive, 30-minütige Blackout der gesamten Mannschaft hatte Bochum noch einmal mehr unter Zugzwang gesetzt, Siegen heißt die Devise. Da kam am vergangenen Sonntag mit der Frühlingssonne der Turnbund aus Beckhausen gerade recht in die Festung am Lohring gereist. Mit den Gelsenkirchenern hatte der VfL noch eine Rechnung offen, hatten die Gäste doch einer aus akutem Personalmangel notwendigen Spielverlegung in der Hinrunde nicht zugestimmt, um das aus Teilen der ersten, zweiten und dritten Mannschaft zusammengewürfelte letzte Aufgebot dann mit 39 Toren aus der Halle im Schatten der Schalker Turnhalle zu schießen. Nicht nur das zu rupfende, grob truthahngroße Hühnchen aus der Hinrunde, sondern auch die oben schon angerissene Tabellensituation brachte ordentlich Würze in das Spiel. Beckhausen lag nur einen Platz vor den Gastgebern und ein Heimsieg würde die Lücke zum rettenden Ufer entsprechend verkleinern. Personell musste der wieder auf die Bank zurückgekehrte Trainer Stroop mit Leo Hardam und Flemming Hensen auf Tempo und Wurfgewalt im Rückraum verzichten, konnte dies aber mit der Rückkehr von Gian-Luca Nunes Vetra und Roman Saure ausgleichen. Eine gut gefüllte Bank, eine ebenso gut gefüllte Tribüne und eine Mannschaft, die auf Wiedergutmachung aus ist – fantastische Zutaten für einen Handballcocktail der Extraklasse.

Gemixt wird dann zu Beginn der Partie wie folgt: Man nehme gut startende Schnapper auf beiden Seiten, druckvolles Spiel beider Mannschaften und rühre gut um. Hinzu gebe man den ersten Treffer der Partie durch die Gäste und schmecke mit starkem Umschaltspiel der Gastgeber ab. Zu garnieren ist der Drink mit Gegentoren, wenn die Abwehr des VfL zu passiv bleibt. Servierempfehlung: Cocktail in die Tonne hauen, Fiege-Pils plöppen lassen. Die Anfangsphase des Spiels bietet aber auch ohne Mixgetränk oder Hopfenkaltschale gute Unterhaltung. Bis zum 4:4 in der 10. Minute entspinnt sich ein schnelles Spiel mit vielen Fehlern, danach kann der Gast aus den Nachlässigkeiten der Bochum Kapital schlagen. Der für insgesamt neun Buden gute Mittelmann und der in der ersten Hälfte ebenfalls treffsichere Rechtsaußen schießen mit 4:7 einen Drei-Tore-Vorsprung heraus, den Kapitän Jannik Kocian mit seinem ersten Treffer seit dem 29.10. des Vorjahres und Max Birkemeier mit einem Kracher vom Siebenmeterpunkt auf ein Törchen schrumpfen lassen. Nach einer Auszeit der Gäste kommen eben die auch besser wieder in die Spur, nutzen Nachlässigkeiten und kleine Konzentrationslücken der blauen Wand zum 8:11. Auch diesen Vorsprung atmet das Heimteam nach zwei Ballgewinnen weg und ist beim 10:11 auf Tuchfühlung. Wie bestellt, geliefert und gehasst steht nach gut 20 gespielten Minuten plötzlich die fast schon obligatorische Schwächephase der Stroop-Sieben in der Tür, grüßt freundlich und schickt Umschaltverhalten, Deckungsarbeit und Torwartleistung schonmal in die Kabine. Folgerichtig kann der Gast aus Gelsenkirchen Tempo spielen und die Lücke Tor um Tor vergrößern. Der letzte Wurf der Halbzeit gebührt Außen Max, der mit einem Kracher an den Innenpfosten auf 14:19 verkürzt und damit hoffentlich den VfL aus dem Nickerchen wachrüttelt.

Pünktlich zum Pausentee wirkt dieser gar nicht beruhigend, trotz hängender Köpfe wird Trainer Stroop in der Kabine laut. Zehn Gegentore in zehn Minuten sprechen eine deutliche Sprache und der VfL muss in den zweiten 30 beweisen, dass es keine Frage der Einstellung war.

Das Personalkarussell zu Beginn der zweiten Hälfte spült für den Knorrwart Gohli Fabi zwischen die Pfosten, der hinter einer besser stehenden Deckung dafür sorgen kann, dass sich der VfL langsam an die Gäste heranrobbt. Beim 16:20 sind es vier Tore Rückstand, bevor durch die zweite Zeitstrafe für Abwehrbollwerk Patrick Heyer und ein Stürmerfoul gegen Jannik Kocian – die Lücke war selbst für den Mann, der gar keine Lücken braucht, zu klein – der TB wieder mehr Luft zum Atmen bekommt. Das 16:22 für den Gast – ein eingesprungener Unterarmwurf millimetergenau in den Winkel – gewinnt den Preis für das schönste Tor des Tages, aber jetzt regiert eine andere Körpersprache beim VfL. Der Wille und die Moral der Mannschaft sind in den Schmiedeöfen der Schweinespiele der Hinrunde mit den Hammerschlägen der knappen Niederlagen in Form gehämmert worden. Der unbedingte Glaube an das Team ist da, in diesem Spiel ist es der Gegner aus Beckhausen, der unter dem mentalen Druck der letzten 20 Minuten bröselt wie Krümeleistee der besonders Portemonnaie- schonenden Sorte. Der VfL dreht dafür auf. Erst eine spektakuläre Parade gegen den bis dahin sicheren Siebenmeterschützen der Gäste vom Knorrwart, dann die Zündung vom starken Fabi Gohl, der dem Rückraum und dem Kreisläufer zwei wichtige Bälle abkauft – Bochum kämpft sich unerbittlich zurück ins Spiel. Nach 41 Minuten sind es noch drei Tore und der Trainer der Gäste versucht den Lauf der Recken in Dunkelblau mit einer Auszeit zu unterbrechen. Die Wirkung der Auszeit verpufft aber, der Wiederanpfiff ist gleichzeitig Auftakt der Matthi-Minuten. In vier Minuten geht Wirbelwind Matthias Plewnia richtig steil, zieht mit starkem Antritt vier Zeitstrafen und vier Siebenmeter und erzielt als Kirsche auf der Torte noch eine Hütte selbst, bei der er nach Aussage von Ex-Trainer Fischer den Bierdeckel des Tages erst verteilt und dann den Deckungsspieler darauf austanzt. Da Co-Trainer Lars Sikorski beim Strafwurf grundlegend einen Puls von maximal 38 hat und die Nerven aus Stahl aus dem gleichen Stahlwerk wie beim verletzten Alex Cousen geliefert wurden, hat der VfL beim 24:23 nach 45 Minuten das Spiel an sich gerissen und innerhalb von acht Minuten sechs Buden Rückstand aufgeholt. Bochum bleibt jetzt auf dem Gaspedal, Beckhausen verballert Chance um Chance. 27:26, 28:27, 29:28, die Gäste vergeben noch drei weitere Strafwürfe und treffen das Tor einfach nicht. Bochum spielt zwar auch überhastet oder nimmt sich unvorbereitete Würfe aus dem Rückraum, ist aber jetzt nicht mehr aus der Ruhe zu bringen. Selbst eine rote Karte gegen Patrick Heyer zerstört die Konzentration nicht. Die Deckung steht fokussiert und bombenfest und wenn doch ein Ball hindurchfliegt, ist auf Torwart Fabi Verlass. Zwei Minuten vor dem Ende trifft Matthi zum 30:28 und leitet wilde letzte 120 Sekunden ein. Beckhausen sucht schnell die Entscheidung, knallt den Ball aus neun Metern aber klar drüber. Die Stroop-Sieben will das Spiel seriös zu Ende spielen, wirft aber erstmal den Ball weg. Da der Gast dem in nichts nachstehen will, hat der VfL 50 Sekunden vor Ende wieder die Harzpille und gibt diese knapp zehn Sekunden vor dem Ende ein letztes Mal ab. Den Gästen aus Gelsenkirchen gelingt mit dem 30:29 zwar das letzte Tor, das ist aber nur noch Ergebniskosmetik. Die Festung steht, die Punkte bleiben im Lohring.

Es bleibt dabei – Spiele des VfL müssen diese Saison mit einem Warnlabel für Herzpatienten und Fingernägelkauer versehen werden. Dass die zwei Punkte nicht den kurzen Weg nach Gelsenkirchen antreten, liegt an den Tugenden, die Bochum in den letzten zwei Wochen etwas vermissen ließ. Der Fokus der Stroop-Sieben liegt auf der eigenen Leistung. Jede starke Aktion wird bejubelt, das Team pusht sich gegenseitig und kann die handballerische Klasse über weite Strecken auf den Hallenboden bringen. Die miesen Minuten sind dieses Mal nur 15, nicht 40 und im intakten Mannschaftsgefüge findet sich in den entscheidenden Situationen immer jemand, der die Verantwortung übernimmt. Am kommenden Wochenende versucht der VfL die Euphorie aus dem Sieg im Auswärtsspiel in Scherlebeck mitzunehmen. Der Gastgeber aus Herten ist handballerisch ein Regalbrett über Beckhausen anzuordnen und hat im Hinspiel vor allem durch eine bärenstarke 6:0-Deckung überzeugt. Anwurf ist Sonntag um 17:00.

Der Spruch des Tages kommt von Routinier Paul und Schnapper Fabi. Fabis „Wir hätten am Ende noch eins machen können“ kontert Paul mit einem lockeren „Brauchten wir ja nicht“. Ein gutes Pferd kackt am Ende, oder wie ging der Spruch nochmal.

Spieler des Spiels wird Wirbelwind Matthi, der neben unzähligen erzwungenen Zeitstrafen und Siebenmetern insgesamt fünf blitzsaubere Buden beisteuert.

Für den VfL den Lohring angezündet haben: David Knorr (TW), Fabi Gohl (TW), Max Birkemeier (5/2), Patrick Heyer (3), Lars Sikorski (9/5), Paul Ruppersberger, Jannik Kocian (2), Matthias Plewnia (5), Torben Aspöck, Roman Saure (2), Gian-Luca Nunes Vetra, Sebastian Knihs (1), Niklas Willrodt, Julius Kirschner (3).

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