TV Gladbeck – VfL Bochum 27:23 (13:14)
Für Fixe: Der verletzte und rotgeschwächte VfL kann dem Tabellendritten in Gladbeck über weite Strecken Paroli bieten, leistet sich dann aber erschöpft eine Schwächephase zu viel.
Klopperwochen statt Maurermonate – die Malocher des VfL Bochum hatten trotz einer zu Mottek und Blaumann passenden Qualität der Deckung sowohl in Suderwich als auch gegen die SG aus Linden-Dahlhausen nichts Zählbares einfahren können, doch die Saison ist noch lang. In den Auswärtsspielen beim TV Gladbeck und in Herne gegen Westfalia geht der Griff dennoch einmal zu den dicksten Kalibern, die die Kreisliga in dieser Spielzeit zu bieten hat. Beide stehen weit oben in der Tabelle und haben in den Hinspielen in Bochum auch die entsprechende Leistung gezeigt. Zum Auswärtsspiel beim TV Gladbeck setzt sich die Reisegruppe „Spaß am Harz“ also komplett ohne Druck in Bewegung. In der Hinrunde hatte sich Gladbeck über die 60 Minuten konsequent Tor um Tor abgesetzt und nach einer roten Karte für Patrick Heyer am Schluss mit sieben Toren gewonnen. Dem sollte im Rückspiel vor allem die in den letzten Wochen bombenfest gemauerte blaue Wand im Weg stehen. Aus der guten Deckung musste es kreativ nach vorne gehen, waren doch mit Alex Cousen durch Verletzung und Lars Sikorski durch private Verpflichtungen beide etatmäßigen Spielgestalter ausgefallen. Auch Kapitän Jannik Kocian, mit seinem Gespür für Lücken prädestiniert für einen Einsatz gegen die offensive Deckung der Gastgeber, weilte noch im (Reha-)Urlaub. Der neu gestaltete Rückraum konnte neben den Rückkehrern Leo Hardam und Flemming Hensen aber auch auf die Unterstützung von Dean Cyprian und Altmeister Jan Schmolla zurückgreifen. Hilfe, die im Spiel auch bitter notwendig sein würde. Gladbeck hatte als Team nicht nur die bereits erwähnte offensive Deckung gespielt, sondern auch technische Fehler im Angriff knallhart bestraft. Ballsicherheit und Einsatzbereitschaft sind spielerische Schlüssel, mit breiten Schultern in den Vordergrund drängelt sich aber der Spaß am Spiel. Gemeinsam Bock auf Handball entwickeln und die Harzpille fliegen lassen, da ist der Spielstand auf der Anzeigetafel zweitrangig.
Richtig Spaß macht auch der Start in die Partie. Bochum ist wach, Bochum spielt druckvoll und Bochum geht beim 1:2 und 2:3 schnell in Führung. Gegen die offensive Deckung der Gastgeber kann der Rückraum des VfL durch schnelle Beine und Bewegung ohne Ball in der ersten Halbzeit immer wieder Lücken reißen. Da Gladbeck das aber auch kann, entspinnt sich über 4:3 und 7:6 ein enger Schlagabtausch. Nach zwölf Minuten dann der erste Knackpunkt im Spiel: Bei einer normalen Abwehraktion verletzt sich Julius Kirschner am Rücken und muss von da an auf der Bank Platz nehmen. Diagnose: Prellung am unteren Rücken wegen alter Mann. Der ohnehin schon dünn besetzte Rückraum der Bochumer wird noch einmal etwas dünner, der VfL lässt sich davon aber nicht beeindrucken. Ein Wechsel im Tor und der Einsatz von Jan Schmolla in der Mitte lässt die Gäste einen kühlen Kopf bewahren und als erst Gian-Luca Nunes Vetra einen Steal vorne veredelt und dann Fabi Gohl den letzten Ball frei vom Kreis bärenstark aus dem Winkel fischt, geht es mit 13:14 in die Kabine.
Da muss sich Bochum einmal kneifen. Die erste Halbzeit war gut, die Mannschaft spielt miteinander und füreinander. Wenn das so bleibt, kann der VfL den Gastgeber richtig ärgern.
Wieder ins Spiel geht es für die beiden Mannschaften also mit unterschiedlichen Vorzeichen. Gladbeck muss den berühmten Gang zulegen, Bochum kann weiter befreit aufspielen. Die Partie auf der Platte wird verworreneres, mehr vom Kampf geprägtes Stückwerk. Gladbeck kann die Initiative übernehmen, beim 16:15 bis zum 19:18 in der 45. Minute immer um Haaresbreite vor dem VfL bleiben. Eine starke Deckung und ein beweglicher Rückraum ballern Bochum in Front, bevor beim 20:20 nach 47 Minuten und 51 Sekunden der zweite Knackpunkt der Partie folgt. Nach einem Stoßen in der Abwehr zeigen die Schiedsrichter dem in der Abwehrmitte heute unverzichtbaren Sebastian Knihs glatt Rot. Eine harte, wenn auch vertretbare Entscheidung. Obwohl der Siebenmeter direkt danach am Bein des Keepers hängen bleibt, kommt jetzt der Bruch im Bochumer Spiel. Insgesamt sechs Zeitstrafen seit dem Wiederanpfiff, die Verletzung von Julius und jetzt der Platzverweis – der Rucksack ist selbst für leidgeprüfte Bochumer zu schwer. Der VfL bringt sich noch in ordentliche Situationen, dann fehlt aber die Kraft, das Glück im Spiel und im Abschluss einfach zu erzwingen. Fünf torlose Minuten später steht es 24:20, ein Timeout von Trainer Stroop ist das letzte Heilmittel. Zwei schnelle Buden bringen die Gäste wieder in Sichtweite, ein gewonnener Ball in der Deckung muss her. Einen Fehlpass von Gladbeck später hat Bochum die Pille schon in den harzigen Fingern, die Schiedsrichter entscheiden aber auf Ballbesitz für die Gastgeber. Die stellen auf 25:22 und machen damit den Deckel drauf. Der Rest des Spiels ist beidseitig nur noch Ergebniskosmetik.
Hätte mit der Truppe vorher jemand den Bochumern eine knappe Niederlage versprochen, hätte der VfL zwar auch keine Sekunde nachgedacht – knappe Niederlagen sind nicht der Anspruch und Stil der Mannschaft. Nach so einem Spielverlauf mit Nackenschlägen vom Feinsten ist das 27:23 aber umso bitterer. Bochum hat miteinander und füreinander gespielt und gekämpft und wird auch nach einer solchen Niederlage mit erhobenem Haupt und dem eisernen Glauben an den eigenen Teamgeist weiter Vollgas geben. Der Rückraum mit den Rückkehrern Leo Hardam und Flemming Hensen, die beide sechs Mal treffen, zeigt sich spielfreudig und auch die Deckung besteht den Härtetest gegen spiel- und wurfstarke Gladbecker. Dass am Ende die dritte knappe Niederlage in Serie herauskommt, hat sich die Mannschaft zwar selbst zuzuschreiben, hat sie doch ihre erspielten Chancen nicht gut genug genutzt. Ohne gefühlte 135 Rückraumspieler und mit Ausfall und roter Karte ist der Weg zum Erfolg allerdings auch eher mit vereisten Serpentinen im Winter vergleichbar als mit einem Spaziergang am Strand. Von daher heißt es Mund abputzen und weitermachen – jenseits aller Durchhalteparolen wird die Phase der Saison, in der Bochum für den Erfolg und füreinander brennen muss, nach dem Spiel in Herne beginnen. Am kommenden Wochenende gilt daher: Spaß am Handball und zusammen. Wir zeigen auswärts beim Tabellenführer nochmal, was für eine geile Truppe im Dunkelblaumann auf der Platte steht.
Den Spruch des Tages steuert Unikat Jan Schmolla nach mangelnder Abwehrarbeit der Mitspieler und umgehender Zeitstrafe für ihn bei: Warum muss ich mit 43 da draufwämmsen, was ist denn mit den Jungs los?
Spieler des Spiels werden in einer Premiere geteilt Torwart Fabi, der hinten der gewohnt sichere Rüchhalt ist, und Jan Schmolla, der mit seiner Erfahrung dafür sorgt, dass das Spiel der Bochumer nie in Hektik und Unruhe abgleitet.
Für den VfL in Gladbeck zusammengestanden haben: David Knorr (TW), Fabi Gohl (TW), Max Birkemeier (4), Leo Hardam (6/2), Jan Schmolla, Roman Saure (1), Flemming Hensen (6), Matthias Plewnia, Dean Cyprian (2), Gian-Luca Nunes Vetra (2), Sebastian Knihs (2), Niklas Willrodt, Julius Kirschner.