VfL Bochum – FC Schalke 04 26:26 (11:12)
Für Fixe: Der VfL kann im Revierderby seinen erkämpften Vorsprung nicht ganz über die Zeit bringen und trennt sich von Schalke unentschieden.
Zwei Siege am Stück, vier Punkte auf der Habenseite und etwas Atemluft im Tabellenkeller – die Bilanz der letzten Spiele des VfL liest sich gut. Unten in der Tabelle sind die Teams aber besonders kuschelig gedrängt, sodass Bochum ein Heimspiel in der Heimfestung am Lohring gerade recht kommt. Trotz allem Hin und Her bei den Heimspielorten des VfL umweht Spiele im Lohring immer noch der Hauch des Besonderen. Schon Mittwoch hatten Blitz und Donner wie vom alles zerschrotenden ersten Rückraumkanonier der Geschichte Zeus höchstselbst gesendet dem herumirrenden Außen Mark den Weg zur Trainingshalle gewiesen. Vielleicht war es aber auch der VfL-Jesus oder watt, der den durstigen Pilger mit gigantischen Hagelkörnern zur Fiege-Brauerei direkt dahinter, also quasi ins Bochumer Betlehem leiten wollte. Legenden und Mystik umwehen also die Spielstätte, die die ungewohnte Anwurfzeit am Samstagmittag ermöglicht hatte. Eingebettet in Spiele der weiblichen C- und D- Jugend würde die Mannschaft von Trainer Stroop also die blau-weiße Fahne auf bekanntem Geläuf gegen eine Mannschaft hissen, die zwar die richtigen Farben, aber das falsche Emblem trug. Mit dem FC Schalke 04 kam eine unangenehm zu bespielende Truppe, die ebenfalls in der unteren Tabellenhälfte zu Hause war. Das Hinspiel war nach einer katastrophalen Startviertelstunde eine sehr knappe Angelegenheit gewesen, bei der Bochum nach einem Hagel von technischen Fehlern erst knapp geführt, am Ende aber nur einen Punkt gewonnen hatte. Auf dem Spielberichtsbogen fehlten wie schon gegen Welper die üblichen Verdächtigen, ergänzt durch den heute zum Tribünendienst gezwungenen und durch Knieprobleme bewegungsbehinderten Bewegungsbehinderer Ben. Aus der Zweiten war mit Ahmad Al Masalmeh wichtige Unterstützung für den Rückraum zur Stelle. Das Fundament eines möglichen Sieges würde wie so oft eine solide Deckung mit schnellen Beinen stellen müssen. Schalke war im Hinspiel eher auf Durchbrüche und Spiel mit dem Kreis aus und ließ den Ball sicher und temporeich laufen. Vorne war es ebenfalls der Gang in die Tiefe, mit viel Druck mussten Lücken in die Abwehr gespielt und dann konsequent genutzt werden. Gesagt, getan. Ins Spiel sollte es mit Feuer in der Brust gehen. Auf geht’s, VfL.
Das Feuer bringt Schalke auch mit, schnappt sich hinten in der Deckung den Ball und liegt schnell mit 1:4 vorne. Guten Morgen, Bochum. Ein gehaltener Gegenstoß von Knorrwart David rüttelt das Heimteam aber auf, das kämpft sich zurück ins Spiel. Das 3:4 markiert nach neun Minuten den Anschlusstreffer. Über 4:7, 5:8 und 6:9 in der 17. Minute kann Schalke den Abstand wieder aufbauen und konstant halten, weil sich der VfL zu unvorbereitete Würfe nimmt und mit dem Kopf durch die Wand möchte. Das 7:9 nach einer feinen Körpertäuschung von Ahmad gibt den Startschuss zu einem Zwischenspurt, an dessen Ende Matthias Plewnia von außen zum 10:9 trifft und Schalke zur Auszeit zwingt. Aus dieser können die Gäste, die in der Abwehr einen Zahn zulegen und deutlich aggressiver spielen, wieder auf 10:12 drehen. In den letzten vier Minuten vor der Pause trifft nur noch Max Birkemeier vom Punkt, aber da der letzte Strafwurf für den VfL in den Armen des Schalker Keepers hängen bleibt, geht es mit einem 11:12 in die Kabine.
Zur Halbzeit ist es der schlechte Start, der dem VfL in den Knochen hängt. Wenn Bochum vorne geduldig seine Chancen ausspielt und hinten in der Deckung wach bleibt, ist alles drin.
In der zweiten Halbzeit entspannt sich schnelleres Spiel, beide Abwehrreihen mauern nicht mehr so stabil wie noch in Halbzeit 1. Schalke kommt erneut mit mehr Dampf auf dem Kessel in die Halbzeit und kann sich über den treffsicheren Rechtsaußen absetzen. Bochum lässt sich aber nicht abschütteln und bleibt in Schlagdistanz. Geduldige Angriffe bringen die Abwehr in Bewegung und die Spieler dahin, wo es weh tut. Dementsprechend hagelt es Strafwürfe und wertvolle Zeit zum Abkühlen und Sinnieren über die eigenen Fehler für die Gäste. Beim 17:17 gleicht der in der zweiten Halbzeit stark Regie führende Lars Sikorski erstmals seit dem 10:10 wieder aus, beim 19:17 in der 42. Minute belohnt sich Gian-Luca endlich für den Einsatz der letzten Wochen und beim 20:18 in der 45. Minute liegt das Spiel in der Hand der Gastgeber. Zwei zu einfache Ballverluste im Angriff bringen die Königsblauen in Weiß durch zwei Gegenstöße wieder ins Spiel, in den letzten zwölf Minuten müssen Kleinigkeiten über Sieg oder Niederlage entscheiden. Ein weggezauberter Ball vom Schnapper, wunderschön eingebettet zwischen zwei blitzsaubere Tore vorne halten die Knappen ritterlich auf einer Lanzenlänge Abstand, die auch beim 26:24 vier Minuten vor Ende Bestand hat. Das 26:26 durch einen glücklich verwandelten Strafwurf von S04 140 Sekunden vor dem Ende ist die Überschrift in einem finalen Kapitel, was vor allem mit dem überzeugt, was es nicht hat: Tore. Vorne verballert Bochum zwei Mal, hinten kauft der Torwart dem guten Rechtsaußen einen wichtigen Ball ab. Trotzdem sind es noch 25 Sekunden, als Schalke nach der letzten Auszeit im Ballbesitz wieder auf die Platte kommt. Eine große Kreuzung und ein geschickter Einläufer, dann steht der Halbrechte blitzeblank am Kreis und nagelt das Spielgerät fachgerecht gegen die Hallenwand. In zwei noch zu spielenden Sekunden fliegt der Ball nochmal nach vorne, erreicht aber vor der Sirene keinen der Dunkelblauen mehr. Unentschieden, Königsklau nimmt einen Punkt mit aus dem Lohring. Mist.
Wären Handballspiele doch 60:05 lang. Zehn Sekunden und die Schlusssirene nehmen dem VfL gegen Königsblau in dieser Saison zwei gute Abschlusssituationen in Hin- und Rückspiel und damit mögliche zwei Punkte. Der Fairness halber hätte aber – ähnlich wie im Hinspiel – der Gast aus Schalke auch im Rückspiel die Entscheidung selbst in der Hand gehabt. Im letzten Jahr wären es null Punkte gewesen, 2022-2023 sind es zwei. Zwischen VfL und Schalke passt handballerisch kein Blatt, über 120 Minuten trennt die Mannschaften kein einziges Tor. Heute aber sehen die Zuschauer ein Spiel, was der VfL über weite Strecken gerade in Halbzeit Zwei bestimmt hat. Bochum geht dahin, wo es weh tut. Das sieht man auch an acht Strafwürfen und fünf Zeitstrafen, zu denen man die guten Schiedsrichter quasi gezwungen hat. Dem Sieg entgegen standen technische Fehler in der Vorwärtsbewegung und manchmal zu viel Risiko. Mit Blick auf die Tabelle hilft ein Punkt eher wenig. Die Gastgeber bleiben zwei Punkte hinter Schalke und vier Punkte hinter Teams wie Scherlebeck oder Beckhausen. Es bleibt eng, nächstes Wochenende geht es nach Suderwich.
Spieler des Spiels wird der im Spruch des Tages von seiner Handballholden Paul ob seiner Icke-Hüftgoldigkeit (Beweisbild untenstehend) gelobte Co-Trainer Lars.
Sich für den VfL in die Bresche gestürzt haben: David Knorr (TW), Max Birkemeier (4/2), Gian-Luca Nunes-Vetra (1), Alex Cousen (2), Lars Sikorski (7/4), Paul Ruppersberger, Flemming Hensen (3), Matthias Plewnia (3), Torben Aspöck (2), Ahmad Al Masalmeh (3), Sebastian Knihs (1), Niklas Willrodt.