VfL Bochum – Westfalia Scherlebeck 22:26 (11:13)
Für Fixe: Der VfL zeigt sich personell und spielerisch deutlich verbessert, muss aber wie so oft am Ende fehlenden Optionen Tribut zollen.
Nach den Klopperwochen des Oktobers mit starken Gegnern und dem absoluten Tiefpunkt an Personal in der Vorwoche gegen Beckhausen hat der Negativstrudel die Handballer des VfL fest im Griff. Als Gegner kommt mit Westfalia Scherlebeck eigentlich ein Team, welches in der Tabelle weiter oben steht. Der VfL muss jedoch den Fokus auf sich selbst setzen, mit einer wieder deutlich besser aufgestellten Mannschaft simplen, aber ordentlichen Handball spielen und sich für den Nebenmann mehr quälen. Trotz der Zipperlein und Wehwehchen von vielen Stammspielern und mangelnder Spielpraxis auch zusammen kann von der reinen Besetzung ein Duell auf Augenhöhe gegen einen Gast angepeilt werden, der im bisherigen Saisonverlauf keine überragenden Ergebnisse eingefahren hat. Sportlich will das Team im Angriff einfache und klare Aktionen suchen und hinten mit einer beweglichen 5-1-Deckung die Kreise des Rückraums empfindlich stören.
Mental macht neben dem Testspiel gegen die B-Jugend auch ein Blick auf die vorher spielende C-Jugend Mut. Der ein oder andere Spieler hat sicherlich schon seine Handballrente im Blick, um dann mit Fiege geölter Stimme den jetzigen Nachwuchs lautstark anzufeuern. Besonders Lenker und Denker Alex musste sich mit Blick auf den eher klein gewachsenen Mittelmann der Jugend empfindliche Fragen zu Vaterschaft und Unterhaltszahlungen gefallen lassen, windet sich aber auch aus lautstarken Alimente-Forderungen seiner Kollegen gekonnt heraus. Die Jugend sieht vielversprechend aus, bleibt noch der rostende Rest.
Zwischen den beiden Toren beginnt der VfL aber im Kopf gar nicht eingerostet, sondern stellt von der ersten Sekunde an eine gute Abwehr mit einem aufmerksamen Alex Cousen auf der Spitze, die die Rückraumspieler der Gäste immer wieder in unglückliche Wurfsituationen zwingt. Einige unglückliche Bälle rutschen dem angeschlagenen David Knorr im Kasten durch die Finger, doch ein schneller Wechsel beim 2:4 auf Fabi Gohl zwischen den Pfosten sorgt bald für die ersten Paraden. Bochum hat im Angriff Probleme mit der massiven 6-0-Deckung der Gäste und bestraft den konsequent gespielten Spezialistenwechsel nicht häufig genug. Trotzdem zeigt sich besonders die linke Angriffsseite mit Max Birkemeier und Leo Hardam treffsicher, erzielt die ersten vier Bochumer Tore und hält den VfL beim 4:5 im Spiel. Einige wichtige Ballgewinne und starke Kreisanspiele später dreht der Gastgeber sogar die Partie, geht mit dem 8:7 nach 17 Minuten mit dem vierten Tor über die Mitte in Führung. Dann aber schleichen sich technische Fehler und überhastete Abschlüsse ein, die den Gastgeber zu schnellen Kontern und einer 8:11- Führung einladen. Ein wenig am Personalkarussell gedreht, einige Verschnaufpausen und eine geänderte Lastenverteilung im Rückraum später kann Bochum beim 10:11 und 11:12 Tuchfühlung wieder herstellen, eine Zeitstrafe vor der Halbzeit und ein letzter Gegentreffer sorgen für einen 11:13- Halbzeitstand.
In der Kabine werden die wenigen Fehler der ersten Halbzeit analysiert. Überhastete Abschlüsse laden den Gegner zu Gegenstößen ein und wenn sich die Abwehr zu weit zurückdrängen lässt, ist gegen den wurfstarken Mittelmann aus Scherlebeck kein Kraut gewachsen. Ansonsten ist es aber eine ansprechende, couragierte Leistung, in der die Moral und Einsatzbereitschaft stimmen.
In die zweite Halbzeit startet das Heimteam mit einer 6-0-Deckung, um die Gäste in Schwarz-Weiß vor eine andere Aufgabe zu stellen. Der Plan geht auf, innerhalb von vier Minuten kann Bochum mehrere Bälle gewinnen und beim 14:14 in der 34. Minute ausgleichen. Dann schleicht sich aber langsam eine in dieser Saison bekannte Melodie in die Ohren der Spieler, komponiert mit fehlenden Wechseloptionen, garniert mit Fehlern zur Unzeit – der VfL-Blues ist wieder da. Kurzzeitig wirkt es, als hätte jemand den Recken des VfL die Luft rausgelassen, die Köpfe sinken nach unten. Scherlebeck setzt sich mit dem Glück des Tüchtigen auf 14:16 ab und dann hat das Heimteam so richtig Mist an den Fingern. Über 15:16, 17:18 und 18:19 hat die Stroop-Sieben dreimal die Chance, wieder auszugleichen, bekommt die Pille aber einfach nicht ins Tor. Westfalia nutzt die Fehler gnadenlos aus, stellt auf 18:21 und das Bochumer Trainerteam sieht sich gezwungen, jetzt mehr Risiko zu gehen. Das 21:23 in der 56. Minute gibt nochmal einen kleinen Hoffnungsschimmer, eine offene Manndeckung später bringt sich der VfL schnell in Wurfpositionen, scheitert aber dann am Torwart aus Scherlebeck, der lange blass blieb, aber in der entscheidenden Phase ein wichtiger Faktor wird. Am Ende gewinnt der Gast mit 22:26 und entführt zwei Punkte aus dem Schatten der Fiege-Brauerei im Ostring.
Puh, zwei verlorene Punkte nach einem Spielverlauf auf Augenhöhe und die Einsicht, dass mehr drin gewesen wäre – ein inzwischen bekanntes Fazit. Natürlich schmerzt es, dass das Punktekonto weiterhin so schmal besetzt ist und dass sich der VfL auch in diesem Spiel am Ende an die eigene Nase packen muss. Eigene Fehler und die zu hohe individuelle Klasse des Scherlebecker Mittelmannes, der dem Gastgeber am Ende 13 Buden einschenkt, sorgen dafür, dass in den letzten zehn Minuten die Brechstange aus dem Werkzeugkasten gewuchtet werden muss. Ob es am Schlusspfiff ein oder vier Tore Rückstand sind, ist irrelevant, doch unabhängig vom Ergebnis gibt es Punkte, die Mut machen. Trotz der Rückschläge im Spiel hat Bochum nicht aufgesteckt, die Mannschaft hat sich immer wieder herangekämpft, für den Mitspieler in der Deckung geackert und ist dabei an die eigene Substanz gegangen. Einen solchen Kraftverlust kann man nicht vollständig auffangen und eine weitere Option im Rückraum oder am Kreis hätte sicherlich das Blatt in entscheidenden Situationen wenden können. Ein Vergleich mit dem Heimspiel gegen Suderwich liegt nahe. Wenn auch auf einem anderen sportlichen Niveau, hat der VfL in beiden Spielen konsequent die Entscheidungssituationen gesucht, diese aber nicht nutzen können. Unterm Strich kann auch eine solche Leistung Auftrieb geben. Eine starke Deckung und die Bereitschaft, endlich wieder dahin zu gehen, so es weh tut, sind ein ordentlicher Grundstock, auf dem man aufbauen kann – vorzugsweise in guten Trainingswochen bis zur nächsten Ligabegegnung. Nach dem Spiel geht es für die gesammelte Truppe des VfL noch in die Stadt, wo der Verlust der Muttersprache beim Turmbau zu Babel nachgespielt wird (Symbolbild untenstehend).
Mit dem Spruch des Tages fasst es Trainer Stroop gut zusammen: Wenn die Leistung so ist, kommen die Punkte von allein! Weiter geht es für die Mannen aus Bochum am 27.11. in Wanne. Bei der traditionell frühen Anwurfzeit Sonntagmorgen sollte für ein Duell auf Augenhöhe alles angerichtet sein.
Spieler des Spiels wird Wühlmaus Torben, der neben Bällen im Spiel auch blind geworfene Teile seines Outfits mühelos aus der Luft pflückt.
Für den VfL sich reingekniet haben: David Knorr (TW), Fabi Gohl (TW), Alex Cousen (2), Lars Sikorski, Leo Hardam (3), Patrick Heyer (4), Paul Ruppersberger (3), Torben Aspoeck (3), Max Birkemeier (6/3), Leo Thömmes, Gian-Luca Nunes-Vetra, Matthias Plewnia (1).