VfL Bochum – SG Linden-Dahlhausen 33:24 (17:8)
Für Fixe: Im zweiten Derby der Saison überrollt der VfL die Gäste aus dem Süden mit konsequentem Tempohandball schon vor der Pause und sichert sich den zweiten Derbysieg der Saison.
Man nehme ein sonniges und durch einen Feiertag verlängertes Wochenende im Herbst, garniere es mit wunderbarem Spätestsommerwetter und würze mit einer ordentlichen Portion Heimspieltag in der schnieken Heimhalle in Wiemelhausen. Das Ganze serviere man daraufhin einer Bande Bochumer Buben, die auf einer hart erarbeiteten Erfolgswelle in die Kreisligasaison hereingespült worden sind und das Tagesgericht „Surf & Werf“ zum Samstagabend ist angerichtet. Mit an den gedeckten Tisch setzt sich der Gast aus Linden-Dahlhausen. Die Mannen aus dem Bochumer Süden sind mit ordentlich Sand im Getriebe und 2:6 Punkten in die Saison gestartet, haben aber die Heimspiele gegen Gladbeck und ETG Recklinghausen mit dünner Personaldecke denkbar knapp verloren. Traditionell stellt die SG eine Mannschaft, die vor allem über schnelle Umschaltsituationen und ein mit entsprechendem Tempo vorgetragenes Spiel über die erste und zweite Welle zum Erfolg kommen will und in den letzten Jahren auch dem VfL damit ordentlich in die Bredouille gebracht hat.
Um dieser klaren Stärke etwas entgegensetzen zu können, braucht Bochum – das Blau-Weiße –unter der Ägide von Sven Wiegand einen klaren Spielplan und vor allem Dampf in der Rückwärtsbewegung. Für ordentlich Tempo hatte der Coach tief in seiner Spielertrickkiste gewühlt, neben Springfloh Leo und Mottek Matthi war es auch Zeit für Double G – Moritz und Dennis Galbas standen zum ersten Mal im Dunkelblau des VfL gemeinsam auf dem Spielberichtsbogen. Während Moritz normalerweise für die Zweite auf Torejagd geht, hatte sich Dennis nach Rückkehr ins Ruhrgebiet und an die Seitenlinie in Essen dem quasi magischen Sog des VfL nicht entziehen können und bringt Herzblut, Handballsachverstand und Harzfinger in einer ganz besonderen Galbas-Art ein. Insgesamt zieren 16 Namen den Spielberichtsbogen, der Coach kann aus dem Vollen schöpfen. Der Tisch ist gedeckt für das zweite Derby in einem Monat, los geht’s.
Die ersten zehn Minuten gehören klar Linden. Die Gäste setzen klarere Akzente, lassen den Ball flüssiger laufen und gehen, angetrieben vom für vier der ersten fünf Tore guten Mittelmann, mit 5:3 in Führung. Der VfL muss lange Angriffe spielen, um beide Außen in zumindest akzeptable Wurfpositionen zu bringen, fährt damit aber ganz gut. Sowohl Max Birkemeier als auch der heute für sehr hochprozentige Würfe gute Wacholdi Mark Stinn netzen jeweils doppelt, das Heimteam gleicht beim 5:5 aus und kann bis zum 7:8 nach einer Viertelstunde in einem Spiel absolut auf Augenhöhe Schritt halten. Dann passieren mehrere Dinge in schneller Reihenfolge. Erst knallt Leo Hardam den Ball aus luftiger Höhe in die Maschen, dann kassiert Abwehrchef Sebastian Knihs seine erste von zwei Zeitstrafen kurz hintereinander. Noch entscheidender aber – Schnapper Fabi zieht auf der Bank seinen Warmmachpulli aus und signalisiert so, im grünen Torwartdress bald ins Spiel einzugreifen. Diese Geste stachelt den Knorrwart zwischen den Pfosten aber offensichtlich ordentlich an. Bisher durchschnittlich in die Partie gestartet kauft er erst dem Kreisläufer und dann dem in Überzahl freigespielten Halbrechten freie Bälle ab und pariert kurz darauf seinen zweiten Strafwurf der Partie. Angetrieben von den lautstarken Urschreien des Hüters peitscht die frisch eingewechselte Verstärkung der Bochumer jetzt ungebremst durch die Halle. Die Galbas-Brüder und Kraftriegel Gordon treffen sowohl aus dem Umschaltspiel als auch aus dem gebundenen Spiel fast nach Belieben und da hinten die Torwartkrake zwischen den Pfosten ihre Riemke-Form auf das nächste Derby überträgt, steht es kurz vor der Pause 16:8. Der Schlusspunkt eines fulminanten Zwischenspurts gebührt dem Geburtstagscapitano Jannik Kocian, der auf dem Weg zum 17:8 einfach „dahin läuft, wo keiner war“ und sicher zur Neun-Tore-Führung einnetzt.
Die Sirene zur Pause kommt für den VfL zur absoluten Unzeit, unterbricht sie doch den Spielfluss, in den sich die Bochumer hineingespielt haben. Zur zweiten Halbzeit muss die Spannung hochgehalten werden, um einen möglichen Dahlhausener Sturmlauf direkt nach Wiederanpfiff zu verhindern.
Wie der aufbrausende Herbstwind aus der Kabine kommt das Heimteam geschossen. Angetrieben vom durch den Verzicht auf sein geliebtes Haftmittel nur zu höheren Leistungen angestachelten Max Birkemeier, der der nicht komplett unberechtigten, aber etwas unsensiblen Nachfrage seiner Angetrauten nach seiner Anwesenheit bei so voller Bank 9 Tore entgegenknallt, stellt der Aufsteiger innerhalb von fünf Minuten auf 23:11 und erstickt jede kleine Hoffnung, die sich mancher aus Linden angereister Zuschauer noch bewahrt hatte, im Keim. Über 25:14 und 31:20 bleibt der Abstand konstant, bevor Linden mit einem kleinen Endspurt zumindest das Ergebnis leicht humaner gestalten kann. Den Schlusspunkt setzt wieder Max vom Punkt, der VfL behält beim 33:24 beide Punkte in Wiemelhausen.
Mit nur acht Feldspielern angereist hat die SG nicht die Breite und Tiefe im Kader, um einem stark aufspielenden Heimteam über die volle Distanz Paroli zu bieten. Auch aus einem so klaren Spiel lassen sich für den VfL aber zwei Lehren ziehen. Zum einen ist es auch diese Saison die Breite im Kader, die eine absolute Stärke ist. Waren beim Auswärtssieg in Rauxel Alex Cousen und Sascha Behnke noch für 17 Tore gut, treffen die beiden gegen Linden in Summe nur zweimal. Insgesamt stellt Bochum sechs Spieler, die dreimal oder häufiger aus dem Feld treffen und ist damit extrem schwer auszurechnen. Zum anderen lässt sich nach gespielten fünf Partien schon sagen: Das Selbstverständnis und der Fokus auf das eigene Spiel, klare Faktoren beim Aufstieg in der letzten Saison, sind auch dieses Jahr wieder Trümpfe, die die Bande in der Hand hält. Bochum ist hungrig auf Erfolg, hungrig auf geilen Handball und kein Spieler verkörpert diesen Hunger aktuell besser als der Knihser, der sogar dem eigenen Mitspieler im Gegenstoß den Ball aus den fangbereiten Händen rupft und dann gnadenlos in den Winkel einschweißt. Mit Lungenbrötchen und Pizzabrötchen geht es erst in die Kabine und dann vor die Halle, wo im Nieselregen eines Herbstabends die ein oder andere Flasche Pfefferminztee unter mysteriösen Umständen ihren Deckel verliert und danach das Partykomitee direkt die ganze Brieftasche im Hufeisen lässt.
Den Spruch des Tages bringt der Mittelmann der Gäste direkt im Gepäck in der 318 mit: Ich bin einfach zu schnell für mein Alter.
Spieler des Spiels wird – trotz eines Sieges – der Knorrwart, dessen lange Gräten einfach zu oft da waren, wo der Ball noch durch sollte.

Das zweite Derby der Saison gewonnen haben: David Knorr (TW), Fabi Gohl (TW), Max Birkemeier (9/5), Dennis Galbas (2), Alex Cousen, Diego Jakobs (1), Mark Stinn (3), Sebastian Knihs (4), Gordon Kempkes (3), Leo Hardam (3), Max Lorenz (2), Moritz Galbas (3), Sascha Behnke (2), Matthias Plewnia, Gianluca Sarra, Jannik Kocian (1).