HSG DJK Rauxel – Schwerin – VfL Bochum 32:34 (14:16)
Für Fixe: Nach einem in der Deckung erkämpften Unentschieden gegen Waltrop setzt sich der VfL im Pulverdampf von Rauxel durch den leicht konsequenteren Angriff und die besseren Kanoniere gegen die HSG durch.
3:3 Punkte, ein Sieg, eine Niederlage und ein Unentschieden – die Startbilanz des VfL Bochum nach der Rückkehr in die Kreisliga liest sich soweit brauchbar. Der Herbstblues hat genau wie im letzten Jahr die Bande Bochumer Buben aber in eine besondere bärbeißige Bärbeißigkeit getrieben und die Teilnehmerzahlen beim Training und Spiel von den eigentlich gewohnten 15 – 20 Recken auf überschaubarere 7-10 Spieler reduziert. Zum Auswärtsspiel bei der bisher ungeschlagenen HSG aus Rauxel musste das Trainerteam Stroop/Wiegand die Ausfälle von Leo Hardam, Jonas Knaust, Matthias Plewnia, Niklas Willrodt und Roman Saure kompensieren, konnte aber immerhin auf die Rückkehr von Knorrwart David und Zaubermaus Alex Cousen bauen.
14 Spieler standen mit freundlicher Unterstützung von Pascal Cyprian und Andreas Scherer aus der zweiten Mannschaft auf dem digitalen Spielberichtsbogen – genug, um dem mit breiter Brust und noch breiterem Kader antretenden Gastgeber den üblichen VfL-Matchplan genüsslich um die Ohren zu hauen. Rauxel hatte in den letzten Jahren von einer guten Deckung mit starken Torhütern und einem gut aufeinander abgestimmten, druckvollen Positionsangriff gelebt. Ein klarer Shooter, der von jenseits des Scheinkreises Löcher in das Tornetz stanzen würde wie in die Stempelkarte bei Schichtbeginn, fehlt allerdings auf der Gegenseite genauso wie beim VfL. Hinten gut stehen und dann schnell und konsequent die Umschaltsituationen suchen und daraus die Entscheidung erzwingen – die Marschroute ist klar. Zum – Zitat Coach – „einzigen Grund, Sonntagsabends nach Castrop zu fahren“ fliegt der Ball pünktlich um 18:00.
Die Gäste, die ihren letztjährigen, feinen Zwirn des weißen Balletts gegen einen nagelneuen Dunkelblaumann eingetauscht haben, kommen gut rein in die Partie. Zwei Ballgewinne in der Deckung münzen Captain Jannik Kocian nach Durchbruch und Max Happy Lorenz mit einem Rückraumkracher zu einer 2:0-Führung um, die die Gastgeber umgehend kontern. Über 3:3 und 5:6 entspinnt sich ein enges Spiel, dann hüpft Diego Jakobs mit der Unverfrorenheit der Jugend von der Bank aufs Spielfeld, dreht zur Begrüßung seinen Gegenspieler erst zum 5:7 auf Links und schickt ihn dann mit der Geschmeidigkeit einer Wildkatze und einer blitzsauberen Körpertäuschung aus dem Nullschritt Richtung Fritten-Diddi am Bahnhof, einmal Pommes Schranke und zwei Pils bitte zum Bierdeckel des Tages. Als Reaktion auf das 6:9 ertönt die Sirene – die HSG bittet zur ersten Auszeit. Aus dem Timeout kommt der VfL gestärkt, kann auf 8:12 und 10:14 davonziehen. Zum Ende der ersten Halbzeit ändern die in Grün angetretenen Gastgeber ihre Spielausrichtung, suchen verstärkt den Kreis und können beim 13:15 die Lücke wieder verkleinern. Zwei Zeitstrafen vor der Pause und das dritte von insgesamt acht Siebenmetertoren später geht es mit 14:16 in die Kabine.
Eine gute erste Hälfte des VfL darf nicht in den Rückschlägen der letzten Minuten untergehen. Vor Spielbeginn hatte der Knihser seine Mannen ordentlich angezündet und wenn dieses zwischenzeitlich heruntergebrannte Feuer zu Beginn der zweiten Hälfte wieder hell lodern kann, hat die Stroop-Sieben gute Chancen.
Zum Wiederanpfiff zünden beide Mannschaften ein Feuerwerk und verwandeln den Mittelkreis in eine Autobahn, die nicht weiter entfernt sein könnte von der A40 Höhe Bochum-Wattenscheid im Feierabendverkehr. Statt Standhandball heißt das Zauberwort Tempo, beide Mannschaften drücken ordentlich aufs Gaspedal und treiben den Spielstand über 20:22 und 22:24 nach oben. Langsam, fast quälend kratzt sich das Heimteam wieder zurück in die Partie, ist beim 23:24 und 24:25 wieder in Schlagdistanz und setzt den VfL unter Druck. Nach 48 Minuten tritt Zaubermaus Alex Cousen zum Strafwurf gegen den bisher ausbaufähig haltenden Schnapper von Rauxel an – und verwirft. Einen der heute mit der Lupe zu suchenden Fehler des Manns mit Frostschutzmittel in den Venen nutzt der Mats Diergardt auf der Mittelposition bei Rauxel zum 25:25, dem ersten Ausgleich seit dem 3:3. Was der Schnapper von Rauxel kann, kann Fabi zwischen den Pfosten des VfL aber schon lange und guckt gekonnt einen Strafwurf ans Gebälk. 27:27, 28:28 – enger und spannender kann ein Handballspiel gar nicht sein. Zur absoluten Crunchtime übernimmt Bochum zunehmend das Ruder und zwingt das Spielglück gnadenlos auf seine Seite. Sascha Behnke trifft zum 28:29 und 28:30 und mit noch zu spielenden 207 Sekunden ruft die HSG zur letzten Auszeit. Im Timeout sind es zwei unterschiedliche Welten – die Gastgeber in Grün stehen mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern, während beim VfL die breite Brust fast aus dem Blaumann schwillt. Direkt aus dem Durchschnaufen macht Tausendsascha seinen Hattrick perfekt, stibitzt hinten den Ball und legt ihn vorne zum 28:31 in die Maschen. Den ersten Drei-Tore-Rückstand seit der 28. Minute verkraftet Rauxel-Schwerin schnell, schickt seinen treffsicheren Linksaußen von hier an jeden Angriff in die Entscheidung und bleibt beim 29:31 und 30:32 im Spiel. Die letzte Zeitstrafe der Partie kassiert der VfL, die offene Manndeckung der Gastgeber gewinnt den Ball und 34 Sekunden vor dem Ende ist es nur noch ein Tor, was beide Mannschaften trennt. Endlose Trainingseinheiten mit Zehnerball, Brettball und Chaosball haben die Bochumer Recken aber genau auf diese Situation vorbereitet. Max Lorenz wird aus vollem Lauf freigespielt und als sein Raketenarm den zu bemitleidenden Torwart aus Rauxel mit ins Tornetz ballert, gehören beide Punkte dem VfL. Der letzte Steal von Alex Cousen macht den Deckel extra drauf, schließt das Schloss ab und pfeffert den Schlüssel in den Castroper Nachthimmel.
Bochum gewinnt ein Offensivspektakel am Ende knapp, aber verdient. In einer Partie, in der beide Teams offensiv gute Lösungen anbieten und nicht die bisher gewohnte Leistung der normalerweise starken Torwartduos abrufen können, überwiegen am Ende die Nuancen. Der VfL bringt die etwas ausgeglichenere Mannschaft mit, kann in der Breite zum Beispiel acht anstatt nur sechs Torschützen vorweisen. Auch die spielerische Breite ermöglicht Bochum Lösungen aus dem Tempospiel und Abschlüsse auf beiden Angriffsseiten, während das gebundene Spiel der Gastgeber in den letzten zehn Minuten stark linkslastig wird. Unabhängig von der zweifelsohne guten Leistung auf dem Spielfeld hat die Mannschaft unter der Ägide des halb neuen Trainerduos aber auch das absolute Selbstverständnis der letzten Saison behalten. Symptomatisch dafür ist die letzte Auszeit. In einem knappen Spiel in der gut gefüllten und lauten Halle des Gegners mit einer solchen Überzeugung und der entsprechenden Körpersprache in die letzten Minuten zu starten ist ein absolutes Ass im Ärmel, das den Ausschlag geben kann. In der Kabine herrscht nach dem Spiel Hochstimmung, denn wie Trainer Stroop des formuliert: Mehr Spaß kann man in Rauxel nicht haben. Spaßig weiter geht es für den VfL am kommenden Samstagabend um 18:15 in eigener Heimfestung Wiemelhausen im Stadtderby gegen Linden-Dahlhausen. Emotionen, kühle Getränke und geile Typen sind garantiert. Kommt vorbei, es wird sich lohnen.
Den Spruch des Tages verbucht der Schnauzer des Wochenendes Sebastian Knihs nach dem Spiel in der Kabine für sich: Ich hab hier Maschinen gehört. Wurde von uns gesprochen?
Ein absolutes Duo von Vollmaschinen und beide Spieler des Spiels (trotz eines herausragenden Stimme zu Spielzeit – Koeffizienten des Kurzzeiteinsatzkönigs Corny) werden Tausendsascha Sascha Behnke und Zaubermaus Alex Cousen. 17 Tore, mehrere Steals und nicht mehr messbare Level an Gegner-Entnervung sind einfach zu gute Argumente, auch wenn Sascha sich im Flutlicht Castrops schon die Perücke vors Gesicht zieht – wahrscheinlich, um potenziellen roten Karten zu entkommen.

Für den VfL in Rauxel gesiegt haben: David Knorr (TW), Fabi Gohl (TW), Max Birkemeier (3/1), Alex Cousen (8/2), Diego Jakobs (5/1), Mark Stinn (1), Sebastian Knihs (1), Pascal Cyprian, Gordon Kempkes, Max Lorenz (4), Sascha Behnke (9), Gianluca Sarra, Andreas Scherer, Jannik Kocian (3).