HSG Hattingen – Spröckhövel 3 – VfL Bochum 34:29 (14:15)
Für Fixe: Ein personell dezimierter VfL kann nach der Hinausstellung von Sascha Behnke nur 50 Minuten mithalten und verliert am Ende verdient, aber ein paar Tore zu hoch.
Spielwoche Zwei in der Kreisliga im Kreis Industrie und schon geht es für die Bochumer Vereine drunter und drüber. Riemke schlägt Wattenscheid, Linden verliert zuhause gegen Gladbeck und für die Recken im feinen, weißen Zwirn geht es nach Sprockhövel. Obwohl der Chronist in der Vorwoche das Ende der Drittvertretungen ausgerufen hat, zockelt der Bochumer Tross der Glückaufhalle entgegen, da der Knihser und der Rest der Mannschaft ein kleines Date mit der Drittvertretung von Hattingen-Sprockhövel im Kalender eingetragen haben. Der Gastgeber startet erst mit der Partie in die neue Saison und präsentiert den Gästen aus der schönsten Stadt im Ruhrgebiet eine Wundertüte. Das Trainergespann Stroop/Wiegand geht von einer jungen und schnellen Truppe aus, auf der Gegenseite der Halle zeigen sich beim Warmmachen allerdings eher gestandene Spieler.
Was jenseits der Mittellinie auflaufen würde, ist allerdings klar zweitrangig. Nach dem Auftaktsieg gegen Riemke fehlten mit den verletzten Leo Hardam, Alex Cousen und Roman Saure sowie den weiterhin verhinderten Max Lorenz und Jonas Knaust einige wichtige Aktuere, so dassdie Optionen im Bochumer Rückraum rar gesät sind. Mit der Rückkehr von Niklas Willrodt und der Aushilfe von Liam Bartlett hat die Stroop-Sieben etwas mehr Raum zum Durchatmen, so dass Altmeister Paul Ruppersberger seinen Kegeltour-gestählten Adoniskörper nur drohend auf der Ersatzbank platziert und nicht in die Schlacht werfen muss. Der Gameplan wird im Angesicht der Ausfälle leicht modifiziert – das Tempo soll es nur in Ausnahmesituationen geben, sonst muss es heute die blaue Wand richten. Das Aufwärmen ist schonmal Mist, was Capitano Jannik nicht so stehen lassen kann. Er packt die ersatzgeschwächten Bochumer an der Ehre, denn egal wie das Spiel ausgeht, nach 60 Minuten darf sich niemand etwas vorzuwerfen haben.
Ins Spiel rein wird der VfL in den ersten Minuten etwas überrascht, liegt nach 5:24 schon mit 4:1 zurück. Einige kleinere Änderungen, die ersten Paraden des Knorrwarts und etwas mehr Mut im Angriff sorgen dafür, dass die Gäste beim 6:5 nach 13 Minuten wieder in Schlagdistanz sind. 9:6, 12:8, 13:9 – bis knapp zehn Minuten vor dem Ende der ersten Hälfte läuft Bochum aber dem Spielgeschehen hinterher. Dem Rückraum merkt man an, dass in dieser Konstellation selten zusammengespielt wird und auch in der Deckung sind neue Impulse nötig. Mit Niklas Willrodt in der Deckungsmitte und Fabi Gohl zwischen den Pfosten kehrt etwas mehr Stabilität ein, die Stroop-Sieben kann auf 13:11 verkürzen. Dann aber folgt der Super-GAU. Sascha Behnke, bisher als stetiger Unruheherd in der Deckung und Zielspieler im Angriff unverzichtbar, kommt beim Versuch, einen Gegenstoßpass abzulaufen, zu spät, touchiert seinen Gegenspieler und geht folgerichtig mit Rot schonmal duschen. Puh, dass ist ein Schlag in die Magengrube für die bis hierhin stark mithaltenden Recken. Im Angriff übernimmt jetzt die Rückraumreihe Bartlett – Jakobs – Kocian, bei der Kapitän Jannik mit dem Tor zum 14:12 direkt Verantwortung schultert. Eine starke Phase des Gohlis und drei blitzsaubere Treffer des auch heute für die Abwehrspieler zu flinken Diego Jakobs später ist das Spiel gedreht – mit 14:15 geht es in die Pause.
In der Kabine ist klar – bisher hat sich Bochum von der roten Karte nicht bremsen lassen, die zweiten 30 Minuten werden aber ein hartes Stück Arbeit. Mit der noch dünneren Personaldecke ist eine starke Deckung, hinter der Fabi seine starke erste Hälfte bestätigen muss. Wichtiger noch ist es aber, im Angriff klare Kante zu zeigen, mutig auf die Schnittstellen zu spielen und mit wenigen Fehlern keine Gelegenheit zu schnellen Gegenstößen zu geben.
Raus aus der grauen Theorie und rein in die zweite Hälfte entbrennt ein fehlerbehaftetes, aber spannendes Spiel, bei dem beide Mannschaften deutlich unter ihren Möglichkeiten bleiben. Von 15:16 zu 26:26 – bei gespielten 49 Minuten könnte das Spiel nicht mehr auf Augenhöhe sein. Gerade die Flügelzangen beider Mannschaften sind nicht zu halten, machen am Ende 40% aller geworfenen Tore. Dass die Außen so wichtig werden, liegt aber auch an den technischen Fehlern, die beide Teams jetzt immer wieder einstreuen und der mangelnden Durchschlagskraft aus dem Rückraum. Sprockhövel sucht fast nur noch den Weg über den Kreis oder die Außen, was Bochum nicht mehr so konsequent und leichtfüßig verteidigen kann wie in den ersten 30 Minuten. Wenn beim VfL aus dem gebundenen Spiel etwas klappt, dann durch die individuelle Klasse von Diego Jakobs oder Jannik Kocian, der mit vier Toren beweist, warum er jahrelang als Halber durch die Deckungslücken im Kreis Industrie geflogen ist. Das 27:26 der Gastgeber läutet die Schlussphase ein, die aus Bochumer Sicht leider schnell erzählt ist. Jetzt brechen der schmale Kader und die müden Beine den Gästen unerbittlich das Genick. Technische Fehler, Pech im Abschluss und einige ungünstige zweite Bälle sorgen für einen 3:0-Lauf der schwarz gekleideten Gastgeber, die beim 30:28 durch den heute treffsicheren Max Birkemeier noch kurz zittern müssen. In den letzten Minuten packt die Stroop-Sieben die Brechstange aus, kann sich aber nach den Kraftanstrengungen der ersten 55 Minuten nicht mehr in die Partie hereinbeißen und verliert am Ende mit 34:29.
Hätte, wäre, könnte – Handball spielt und erzählt man nicht im Konjunktiv. Unterm Strich ist die Niederlage sicherlich verdient, wenn auch einige Tore zu hoch. Über 60 Minuten fehlt dem VfL ein zündender Funke mehr. Was genau dieser Funke ist, ist dabei gar nicht so entscheidend. Ob es das Spielglück ist, was Bochum am Ende nicht auf seine Seite zwingt, und kaum zweite Bälle verwerten kann, ob es die dünne Personallage im Rückraum ist, die mit einem Wechselspieler mehr ganz anders ausgesehen hätte, ob es die von beiden Schnappern nur in Einzelmomenten starke und ansonsten unterdurchschnittliche Torhüterleistung ist, die bei 34 Gegentoren auch nicht unerwähnt bleiben darf – das eine Quäntchen Klasse und Tagesform hat an diesem Sonntag gefehlt. Es war eben mit dieser Personallage nicht der benötigte Sahnetag. Trotz der Niederlage – denn ein Spiel dieser Art auf eine solche Weise zu verlieren ist keine Schande – hat die Ansprache des Capitanos vor der Partie geholfen: Die Bochumer Tugenden waren präsent, vorwerfen muss sich die Mannschaft nichts. Um es mit den Worten des NFL-Coaches Bill Parcells zu sagen: The best ability is availability, und am Ende fehlen einfach die Optionen. Die Gäste haben jetzt zwei Wochen Zeit, an ihrem Spiel zu feilen, bevor am 20.09. der Waltroper HV in der Sporthalle Graf Engelbert zu Gast ist. Anwurf ist um 17:30, Zuschauer sind wie immer sehr gerne gesehen.
Den Spruch des Tages liefert Jannik Kocian direkt mit den Wahlzetteln: „Hier, die sind für Kim-Jong Knihs schon vorausgefüllt“.
Die ohnehin hohen Erwartungen übererfüllt hat die zweite Woche in Folge Diego Jakobs, der reihenweise Sprockhöveler Deckungsspieler in die Verzweiflung trieb und sich zum ersten Mal die richtige Verkleidung als Spieler des Spiels überstreifen muss.

Für den VfL in Sprockhövel-Mitte alles in die Waagschale geworfen haben: David Knorr (TW), Fabi Gohl (TW), Max Birkemeier (7/2), Gianluca Sarra, Diego Jakobs (7), Mark Stinn, Sascha Behnke (3), Sebastian Knihs (1), Paul Rupperberger, Niklas Willrodt (1), Liam Bartlett (1), Matthias Plewnia (5), Jannik Kocian (4).