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Spielberichte 1. Herren

3.650 Tage VfL

VfL Bochum – Teutonia Riemke 3 29:22 (12:8)

Für Fixe: Vor der alles überschattenden Verabschiedung von Rückraumkanone Julius Kirschner wird noch etwas Handball gespielt. Der VfL liefert eine grundsolide Leistung und behält zum Saisonabschluss zwei Punkte im Lohring.

Anfang Mai ist in der Melodie der Kreisklassesaison noch ein letzter Schlussakkord zu spielen und die Feingeister des VfL unter Dirigent Stroop verlegen den gerade verstrichenen Tag der Arbeit auf den Samstag, denn in der Neuauflage des U35-Derbys gegen Riemke steht ein hartes Stück Maloche an. Auch wenn es sportlich nur noch um die goldene Ananas ging, bleibt auch ein freundschaftliches Derby ein Derby und Derbys gehören gefälligst gewonnen. Das Hinspiel vor einigen Wochen ging aufbauend auf einer starken Deckung mit einem gut aufgelegten Schnapper an den VfL, der mit einem Sieg heute zumindest den Tabellenplatz Vier anpeilen kann. Personell erwartete das Heimteam mit den Gästen aus Riemke eine personelle Wundertüte, die die Mannschaft mit einer vollen Bank und dem inzwischen schon gebetsmühlenartig angemahnten Tempospiel knacken wollte. 14 Mann stehen auf dem Spielbericht, Handball ist angesagt.

Wie Springfloh Leo und Altmeister Paule einvernehmlich und deutlich verlauten lassen: Noch sitzt man nicht in der Kneipe, die Feiern zum Saisonabschluss starten erst mit dem Schlusspfiff. Erst heißt es, eingeheizt vom Knorrwart, noch einmal zusammen Spaß zu haben und geilen Handball zu spielen, bevor die bewährten Hausmittel, namentlich Hausbier der Marke Fiege und das Haus Fey, zum Einsatz kommen.

Ins Spiel startet Bochum aber mit der ehrlicherweise nicht besonders überraschenden Erkenntnis, dass an einer Harzpille auch zu viel des flüssigen und sehr klebrigen Goldes haften kann. Das Haftmittel der Götter aus dem leicht verklebten Select-Pott scheint sich auch unter die Sohlen der Spieler geschlichen zu haben, ist der Start doch sehr schleppend. In den ersten zwölf Minuten drückt vor allem der Knorrwart, der heute wieder die Riemke-Form auspackt, dem Spiel seinen Stempel auf, pariert neben einem Siebenmeter auch mehrere freie Bälle und sorgt dafür, dass die technischen Fehler und überhasteten Würfe der Anfangsphase dem VfL nicht auf die Quadratlatschen krachen. Nach 13 Minuten schweißt Kraftwürfel Gordon den Ball zur ersten Führung des Heimteams in den Winkel, es entspannt sich ein Ringen auf Augenhöhe. Riemke geht durch zwei Strafwürfe des auch heute wurfgewaltigen Benjamin Stüber mit 6:7 in Führung, Springfloh Leo Hardam zaubert den Ball aus spitzem Winkel zum 8:7 in die Maschen, eine Auszeit der Gäste unterbricht ein enges Duell.

Aus der Verschnaufpause kommt Teutonia etwas besser, gleicht zum 8:8 aus und der Riemker Schnapper kauft Co-Trainer Lars einen Siebenmeter ab. Das achte bleibt aber auch das letzte Tor der Gäste in der Halbzeit, einige wichtige Steals von Speedy Saure hinten und eine bessere Chancenverwertung vorne steht es zum Pausenpfiff 12:8.

In der Kabine ist die Stimmung mäßig, so richtig passen alle Teile noch nicht zusammen. In der zweiten Halbzeit muss der VfL die Bereitschaft hochhalten, füreinander den entscheidenden Schritt zu gehen und die Spielkontrolle weiter an sich reißen.

In der zweiten Hälfte wogt das Spiel, bedingt durch die sehr enge Regelauslegung des Schiedsrichters, lange hin und her. Der VfL spielt längere Perioden in Unterzahl, richtig eng wird es aber nie. Immer, wenn es knapp zu werden droht, kann sich Bochum auf seine individuelle Klasse verlassen. Ob es der Knorrwart ist, der in doppelter Unterzahl dem eingelaufenen Außen einen wichtigen Ball abkauft, Roman mit mehreren schnellen Toren oder Zaubermaus Alex Cousen, der dann trifft, wenn der VfL keine andere Lösung mehr hat.

Über allem steht aber in der zweiten Halbzeit Julius Kirschner auf Abschiedstournee. Eine starke Leistung in der Deckung, vorne die üblich Spielfreude bewahrt – ein solches Spiel wird mit der Auswechslung nach 59 Minuten und Standing Ovations der Bank und der sehr gut gefüllten Tribüne honoriert.

Den Schlusspunkt in der Partie setzt Niklas Willrodt vom Kreis, bevor die Dämme brechen.

Zehn lange Jahre meist in Blau und Weiß, unzählige Tore und noch mehr Anekdoten und gemeinsame Erfahrungen sind auch im familiären Handballsport eine Seltenheit, beim stark von Studenten geprägten VfL gerade Ende der 2010er Jahre sowieso. Sportlich eine zentrale Stütze in Angriff und Abwehr ist es die Lockerheit und Freude am puren Spiel, die den Blondschopf mit dem verschmitzten Lächeln auszeichnet, auch wenn so mancher Pass, der hinter dem Rücken in die wartenden Arme des Kreisläufers gesegelt ist, das Herz des jeweiligen Trainers in die Hose rutschen ließ. Zwischen Aufstiegen, Abstiegen, den geschlagenen Schlachten in so mancher Halle im Ruhrgebiet und auch neben der Platte kann man sich stets auf Julius verlassen (wenn man nicht gerade eine Rolle Tape sucht). Abgesehen von der sportlichen Komponente  – wir reden hier schließlich seit Beginn der Datenerfassung in der Saison 19/20 von 173 blitzsauberen Toren und 32 grob unfairen Strafen in 39 Spielen– reißt der Abgang aber auch ein gigantisches Loch in das Mannschaftsgefüge. In den letzten Jahren von einigen Verletzungen zurückgeworfen war und ist Kanonier Kirschner Balsam für ein Mannschaftsgefüge, der zwischen den legendär gewordenen Bolo-Abenden direkt am Grimmberg und vorzüglichen Partys, die manchmal im Nebel leicht unzureichender Erinnerungen verschwinden, auch immer ein Späßchen auf den Lippen hatte. Auch wenn nicht nur der Chronist, sondern auch der Rest der Mannschaft noch ganze Seiten füllen mit herzlichen und spaßigen Anekdoten füllen könnte, ist ein Versacken vor der Halle oder im Haus Fey doch der bessere Ort, um in Erinnerungen zu schwelgen.

Der VfL zelebriert den Spieler des Spiels mit einem gebührenden Abschied und einem ebenso gebührenden Outfit, welches der Jubilar bereits beim Putzen der Halle spazieren führt. Unterm Strich von zehn Jahren Handball bleiben ein bisschen Trauer, die aber durch einen wuchtig unter die Latte krachenden Cocktail aus Dankbarkeit, schönen Erinnerungen und Moritz Fiege überlagert werden. Danke Julius für jeden Spruch, jeden Wurf, jede Sekunde Handball – und auch für den ganzen anderen Kram.

Nicht ganz vergessen werden soll, dass der VfL mit dem Sieg gegen Riemke auch die Kreisklassensaison beschließt. In den vergangenen Wochen hat sich bereits gezeigt, dass die Bochumer den direkten Wiederaufstieg klar verfehlen werden, hat es der Leistung gerade gegen die „kleineren“ Gegner an Konstanz gefehlt. 17 Minuspunkte sind für eine starke Saison mindestens sieben bis acht zu viel und Niederlagen gegen Hattingen oder Scherlebeck darf sich Bochum mit diesem Kader eigentlich nicht erlauben. Unterm Strich hat sich die Mannschaft unter der Leitung von Trainer Stroop aber gerade in der Rückrunde den Spaß am Handball zurückgeholt, mit knappen Siegen und Schützenfesten das Potential angedeutet und mit Kraftakten gegen Gladbeck und Rauxel gezeigt, wohin die Reise gehen kann.

Den Spruch des Tages liefert Lars Sikorski schon vor dem Spiel, indem er bei schamlos bei den eigenen Hausaufgaben aus dem Hinspiel abschreibt und dem Gegner suggeriert, dass eine Annäherung mit Ball an den Scheinkreis eventuell die unbeschadete Weiternutzung der Kauleiste gefährden könnte. Übersetzt ins Heyersche heiß dast: Die taktische Maßnahme heißt auf die Fresse.

Der VfL lässt den Tag mit vielen alten Weggefährten und ehemaligen Spielern erst am Lohring und dann im Haus Fey ausklingen und zeigt wieder einmal, was für eine geile Truppe und was für ein geiler Verein das ist. Auch wenn sicherlich so ziemlich jede zusammengewürfelte Thekentruppe in Handballdeutschland für sich in Anspruch nimmt, die geilste Mannschaft zu sein, sind Teamgeist und Zusammenspiel auf Augenhöhe beim VfL Bochum außergewöhnlich. Über eine gesamte Saison im Schnitt 16 Leute bei den Trainingseinheiten zu haben, wechselnde Trainingsgäste immer wieder einzugliedern und zusammen an einem Strang zu ziehen, auch wenn es sportlich nicht so gut läuft, ist bemerkenswert. Danke Jungs, hat – mal wieder -Bock gemacht.

Spieler des Spiels wird nicht nur wegen des Abschieds, sondern auch wegen seiner insgesamt sechs Hütten Julius – die internen Abläufe des VfL zeigen sich verworren und mysteriös, so dass das Bild nachgereicht werden muss.

Das letzte Spiel und Derby der Saison gewonnen haben: David Knorr (TW), Daniel Lipovetski (TW), Max Birkemeier (2), Roman Saure (7), Alex Cousen (2), Lars Sikorski (3/2), Paul Ruppersberger, Julius Kirschner (6), Niklas Willrodt (1), Gordon Kempkes (2), Leo Hardam (4), Matthias Plewnia, Jannik Kocian (1), Torben Aspöck (1).

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