DSC Wanne Eickel – VfL Bochum 30:28 (16:16)
Für Fixe: Der VfL kann in einem spannenden und intensiven Spiel den Fokus nicht 60 Minuten hochhalten und muss sich den Gastgebern knapp geschlagen geben.
Immer wieder sonntags, da fliegt die Harzkugel und zu der für alle Mannschaften ausbaufähigen Anwurfzeit von 11:15 zieht es den in der Rückrunde noch ungeschlagenen VfL aus der wunderschönen Stadt Bochum in das nur wenige Kilometer entfernte, aber eher durch einen gewissen rauen Charme punktende Wanne-Eickel. Gegen die Mondstädter, die den Bochumern bestens vertraut sind, gibt es seit Jahr und Tag enge und intensive Duelle, in denen die Stimmung gerne hochkocht. Im Hinspiel hatte der DSC aus Wanne in eben einem dieser engen und intensiven Duelle die Festung in Wiemelhausen gestürmt und beide Punkte mitgenommen. Der Mitabsteiger aus der Kreisliga zeichnet sich handballerisch durch Kampf und Willen aus, kann aber auch den Ball ordentlich bewegen und auf gefährliche Rückraumschützen bauen, wenn man sie denn lässt. Für den VfL, der mit einer breiten Brust, aber ohne den verletzten Top-Torschützen Leo Hardam und die ebenfalls verletzten Fabi Gohl, Gian-Luca Nunes Vetra und Gordon Kempkes antritt, ist die Devise im Spiel klar. Von Minute eins an muss das Gaspedal an der Ölwanne festgeschraubt werden, Tempo ist Trumpf. Vor dem Anwurf in der Kabine ist die Stimmung gut, die Spannung aber ausbaufähig. Ob es an der Uhrzeit, dem Wetter, dem Ort liegt, so richtig brennt der VfL noch nicht für dieses Spiel. Am besten fasst Altmeister Paul Ruppersberger die Lage zusammen, als beim Lungenbrötchen vor der Halle auch noch der Flammenwerfer versagt: Nicht mal das Feuerzeug hat Bock auf Wanne. Nachdem in der nahegelegenen Kirche das Gebetsbuch an den Handballgott mit harzigen Fingern noch einmal umgeblättert wird, geht es rein in eine seltsame erste Halbzeit.
Sportlich beginnen beide Mannschaften etwas verhalten, der VfL kann sich mit zwei frühen Toren auf 0:2 absetzen, bekommt aber in der Deckung, hinter der sich Schnapper David nicht zu gewohnter Form der letzten Wochen aufschwingen kann, zu einfache Tore. Über 3:4 in der 8. Minute und 6:7 in der 15. Minute entspannt sich ein Spiel auf Augenhöhe, in dem beide Mannschaften nicht komplett in den Fluss kommen. Gerade die Truppe von Trainer Stroop schafft es zu selten, in eine erste oder zweite Welle oder eine schnelle Mitte zu kommen, um das der Uhrzeit angepasste Rücklaufverhalten der Gastgeber zu bestrafen. 14:14, 15:15, 16:16 – absolut gleichwertig geht es in die Kabine.
Dort wird es beim VfL laut. Spielerisch ist das Ergebnis besser als die Leistung, gerade starke Einzelaktionen retten die Mannschaft. Auch moralisch ist es aber verbesserungswürdig, denn in den ersten 30 Minuten bieten die Bochumer Jungen angefangen mit dem Lautsprecher im Tor eine seltsam ruhige und blutleere Vorstellung an. Das muss in Halbzeit Zwei besser werden.
In die zweiten 30 Minuten kommt der VfL mit deutlich mehr Zug und auch wenn nicht alle Aktionen klappen, ist direkt das vorher vermisste Feuer in der Bude. Zwei gehaltene Siebenmeter hinten, vorne endlich etwas druckvolleres Spiel und bei 18:22 durch Mottek-Matti auf Rechtsaußen liest sich das ganze für die heute eher tanzbärigen Männer des weißen Balletts freundlicher. Wanne ist aber eine Truppe, die man nie abschreiben darf und nach einem Timeout beim 20:23 schwärmen die wie üblich gelb gekleideten Gastgeber aus wie ein nerviger Schwarm Bienen. Was eigentlich VfL-Plan gewesen war, zieht jetzt der DSC durch. Die Mondstädter gehen den Bochumern richtig auf die Nerven, setzen kleine Nadelstiche und schaffen es dabei aber, den Fokus auf ihrem Spiel zu halten. Die Gäste machen zu viele individuelle Fehler, weil sie vor allem anfangen, sich mit dem Gegner und dem Schiedsrichter zu beschäftigen, anstatt mit der eigenen Leistung. Wanne stellt mit einem 4:0-Lauf auf 24:23 und hat das Spiel gedreht. Damit ist beim VfL der Wurm drin. Kampfgeist und eiserner Wille halten die Mannen, die auch heute wieder auf die Ruhe und Erfahrung von Zaubermaus Alex Cousen in der Mitte bauen können, im Rennen und als Julius Kirschner zum 27:27 einnetzt, stehen noch 227 Sekunden auf der Uhr, genug Zeit, um ein enges Handballspiel zu entscheiden. Die Entscheidung sucht Bochum jetzt mit der Brechstange, zwei wahrscheinlich zu frühe Anspiele im Angriff resultieren in schnellen Toren der Gastgeber und beim 29:27 dröhnt die Bochumer Auszeit durch die Halle. Die Ansage beim Durchschnaufen ist klar: Vorne treffen, hinten werfen lassen. Vorne treffen übernimmt der heute vom Punkt starke Lars Sikorski, aber hinten hapert es heute. Der letzte Wurf des Tages rutscht dem Schnapper durch die Hosenträger, Essig ist mit Chance auf den Ausgleich.
Auf geht’s zurück auf Anfang, gehen Sie nicht über Los, ziehen Sie keine zwei Punkte ein. In Wanne zu verlieren ist trotz aller Animositäten und Nickligkeiten im Spiel sicher keine Schande, bitter ist es trotzdem. Eine besonders unschöne Note bekommt die Niederlage dadurch, dass Moral und Einsatz bis zur letzten Minute gestimmt haben, nur der notwendige Fokus auf die eigene Leistung nicht durchgehend so war wie nötig. Jetzt heißt es für den VfL, sich wieder neu zu sammeln, im Training Vollgas zu geben und am kommenden Wochenende die Scharte aus dem Hinspiel gegen Hattingen/Sprockhövel auszuwetzen. Anwurf in Wiemelhausen ist am Samstag um 17:00, Zuschauer sind wie immer gerne gesehen.
Der Spruch des Tages, leider bezeichnend für den VfL an diesem Sonntag, entfleucht dem Knihser: Wer hat mir mein alkoholfreies Radler weggenommen?
Spieler des Spiels wird der auf seiner Abschiedstournee stark aufspielende Julius Kirschner.
Für den VfL die Nachtwanderung nach Wanne begangen haben: David Knorr (TW), Max Birkemeier (5), Julius Kirschner (5), Lars Sikorski (5/5), Sebastian Knihs (3), Matthias Plewnia (3), Jannik Kocian (2), Roman Saure (2), Paul Ruppersberger (1), Alex Cousen (1), Torben Aspöck (1), Jonas Knaust, Mark Stinn.