VfL Bochum – SG Linden-Dahlhausen 18:23 (7:13)
Für Fixe: Der VfL verballert im Derby gegen Linden zu viel und kann seine Aufholjagd nicht mit Punkten veredeln.
Auch der Karnevalssonntag bringt keine Verschnaufpause in der Kreisliga. Nach der bitteren, vermeidbaren Last-Second-Niederlage in Suderwich wurde der VfL unter der Woche auch noch vom Hallenschluss durch den Streik im öffentlichen Dienst ausgebremst, hatte aber den unbedingten Willen, die aufsteigende Form und guten Leistungen der Vorwochen zu bestätigen. Als Gegner reiste im dichten Zeitplan von 30 Saisonspielen die SG Linden-Dahlhausen die paar Kilometer mit der Bahnlinie 308 in die Festung am Lohring. Im Hinspiel im Vorjahr war der VfL mit einer absoluten Rumpftruppe – selbst Trainer Stroop hatte das kurze Sporthöschen nochmal übergestreift – vom Tempospiel der Lindener überrollt worden. Das sollte heute nicht passieren. Mit besserer Personallage und unter erneut dankbar angenommener Hilfe aus der zweiten Mannschaft war gutes Rückzugsverhalten Priorität I. Auf einer Stein um Stein mit Trainingsfleiß und Schweiß gemauerten blauen Wand als starkes Fundament würde man im Angriff wieder auf mehr Wurfgewalt aus dem Rückraum bauen können, Rückkehrer Julius Kirschner und Patrick Heyer sollten für mehr Durchschlagskraft als in der Vorwoche sorgen. Graue Theorie wird zu bunter Praxis, nachdem die Bochumer in den richtigen Farben auch dieses Mal den besseren Sportsgruß haben, geht’s rein in die Partie.
Die ersten Minuten hämmern jedem Zuschauer – gerade die Gäste hatten vielköpfige und lautstarke Unterstützung mitgebracht – ein, was das für ein Spiel wird: eine Abwehrschlacht. Die heute starken Schnapper dominieren hinter aufmerksamen Abwehrreihen auf beiden Seiten und als nach mehr als sechs Minuten Dahlhausen zum 0:2 trifft, haben beide Mannschaften bereits mehrere klare Chancen verballert. Die blaue Wand stellt die Gäste im gebundenen Spiel vor große Probleme, vorne fehlt den richtigen Bochumern aber die Tiefe und Dynamik im Spiel. Das 1:5 nach neun Minuten ist eine passende Momentaufnahme für die Malocher vom VfL, die sich für ihren Einsatz nicht selbst belohnen. Ins Spiel zurück katapultiert die Mannschaft Knorrwart David mit dollen fünf Minuten. Erst eine Doppelparade gegen Links- und Rechtsaußen, dann ein gefangener Wurf aus dem Rückraum und der Treffer aus schnuckeligen 40 Metern ins verwaiste Tor der Gäste, als Kirsche auf der Torwartkrakensahnetorte die nächste Doppelparade gegen Rückraum und Kreis. 5:6, Auszeit Linden, geht doch. Aus dem Time-Out kommt der Gast verbessert, profitiert aber auch stark von der Krux der Gastgeber an diesem Tag: Die verdammte Pille will einfach nicht ins Tor. Pfosten, Latte, die Gräten des Lindener Hüters, es ist wie verhext. Das Team von Trainer Stroop belohnt sich so wenig für den eigenen Einsatz, es könnte auch kistenweise feinstes Fiege-Pils schleppen, ohne die Pülleken selbst mit einem satten Plöpp öffnen und leeren zu dürfen. Zur Pause steht es entsprechend 7:13.
In der Kabine beginnen die ersten Köpfe zu hängen, weil auch Alex „Magic“ Cousen mit einer Wadenverletzung nur noch lautstarke moralische Unterstützung leisten kann. Für Niedergeschlagenheit ist es aber zu früh. Wenn der VfL in dieser Saison eins bewiesen hat, dann Moral. Ins Spiel reinbeißen durch Tore – eine einfache Rechnung.
Aus der Pause kommen beide Mannschaften offensiv verbessert, die immer noch guten Abwehrrecken bestimmen den Fluss des Spiels nicht mehr so wie bisher. Beim 11:17 in der 37. Minute ist erkennbar mehr Schwung drin, das 12:17 in Unterzahl von Julius Kirschner ist der Startschuss für eine langsame, aber stetige Aufholjagd der Gastgeber. Tor um Tor vom Vorsprung der SG wird von den Recken im schnieken, dunkelblauen Zwirn weggeknabbert. Die erarbeiteten Vorlagen der Mannschaft kann in den zehn Sikorski-Minuten Co-Trainer Lars nutzen, der mit vier Buden in Serie – drei vom Strich – und einem schönen Tipppass an den Kreis beweist, dass mit Druck auf die Nahtstellen auch die gute Lindener Deckung geknackt werden kann. 17:19 nach 48 Minuten, Totgesagte leben länger. Die 17. Bude scheint aber irgendwie den falschen Apfel vom Birnenbaum geballert zu haben, der Wurm ist plötzlich wieder drin. Trotz Ballgewinnen in der von Sebastian „Knihser“ Knihs stark organisierten Deckung will die Pille vorne einfach nicht mehr rein. Gegenstöße, freie Dinger, nichts geht mehr. Zur ganzen Wahrheit gehört neben einer starken Leistung des neuen Mannes zwischen den Dahlhausener Pfosten aber auch, dass der VfL sein Risiko nicht gut kontrolliert, zu früh zu unsichere Abschlüsse und Pässe nimmt und die Gäste so wieder in den Flow lässt. Die nutzen die Chancen besser und machen eben ihre Hütten, wenn es wirklich drauf ankommt. Das Spiel endet nach einem 1:4-Lauf mit einem 18:23, keine Punkte für den VfL.
Kochten in der letzten Woche nach dem Spiel noch Enttäuschung und Wut hoch, sind die Emotionen diese Woche gemäßigter. Keineswegs hat sich die Mannschaft mit der Niederlage abgefunden, hat sie doch auf dem Feld zu keiner Sekunde Einsatzbereitschaft und Siegeswillen vermissen lassen. Die Jungs stehen zusammen als Einheit auf dem Feld, feuern einander an und gehen den entscheidenden Schritt für den Mitspieler. An manchen Tagen fehlt das Quäntchen Tagesform, dass in einem solchen Spiel Augenhöhe über 60 Minuten ermöglicht. Solche Spiele sind aber kein Grund, vom eingeschlagenen Weg abzuweichen und sich die teilweise schon spärlichen Haare zu raufen. Sie bringen aber die Aufgabe mit sich, im Training Vollgas zu geben. Nächstes Wochenende geht es nach Gladbeck, wo – wenig überraschend genau wie in der Hinrunde – als nächste Instanz der Bochumer Klopperwochen der TV Gladbeck wartet. Ein Spiel, in das der VfL befreit gehen kann und über 60 Minuten ohne großen Druck aufspielen kann – als Team, mit Spaß am geilsten Sport der Welt.
Der Spruch des Spiels kommt von Schnapper David, als im Zeichen guter Nachbarschaft ein Spieler den Dahlhausenern eine Jacke bringen will: „Außerdem trinken die Veltins, denen tragen wir nix hinterher.“
Spieler des Spiels wird durch seine Torjäger- und Torwartqualitäten ebenfalls der Knorrwart.
Im Derby konsequent dagegengehalten haben: David Knorr (TW/1), Fabi Gohl (TW), Alex Cousen, Julius Kirschner (2), Lars Sikorski (5/4), Patrick Heyer (2), Torben Aspöck (1), Max Birkemeier, Gian-Luca Nunes-Vetra, Matthias Plewnia (2), Sebastian Knihs (3), Liam Bartlett, Pascal Piemöller (2).