VfL Bochum – SG Suderwich 26:29 (10:13)
Für Fixe: Gegen eine starke SG Suderwich reichen 45 starke Minuten nicht. Am Ende fehlen dem VfL die Kräfte, um Punkte nach Hause zu bringen.
Das dritte Wochenende im September, der dritte Spieltag der Kreisliga winkt den Handballern des VfL und endlich, endlich möchte der geneigte Bochumer in den nassgrauen Herbsthimmel rufen, wieder ein Heimspiel in der Heimfestung im Lohring. Endlich wieder die gewohnte Kabine, endlich wieder zuhause fühlen in einer Halle, die wirklich in Bochum ist. Die Stroop-Sieben hatte das Unentschieden auf Schalke aus der Vorwoche noch im Hinterkopf, wo das Spiel mit der Harzpille der Mannschaft sichtlich schwergefallen war. Gestimmt hatten aber die seit Jahren verlässlichen Bochumer Tugenden Moral und Teamgeist. Mit 3:1 Punkten noch ungeschlagen erwartete der VfL den Gast aus Suderwich. Gegen die Suderwicher hatten die Bochumer noch nie gespielt, es versprach aber eine gute Truppe mit einem Chefkanonier im Rückraum zu werden. Dagegen wollte das Heimteam eine gute Deckung stellen, die die Basis für einen Angriff stellt, in dem die einfachen Sachen gut ausgespielt werden sollten. Die Stimmung ist bereits vorm Spiel famos, schon in der Kabine sorgt Fabi für den Spruch des Tages: So Jungs, wir ham gelacht, wir ham geschwitzt, reicht dann auch für heute. Personell muss der VfL auf jugendlichen Elan und viel Erfahrung verzichten. Springfloh Leo und Cotrainer Lars fehlen verletzt und verhindert. Stellte sich letzte Woche noch Matthias Plewna aus der zweiten Mannschaft in den Dienst des Teams, setzt sich diese Woche Gianluca Nunes-Vetra ohne Murren auf die Bank und gibt Trainer Stroop eine wichtige Option im Rückraum. Danke Jungs für euren Einsatz.
Ins Spiel startet der VfL mit 98% Intensität und merkt prompt, dass 98% heute nicht reichen werden. Der überragende Halblinke der Gäste drückt zweimal ab, der Torwart ist zweimal dran, einen Fehlpass im Angriff später steht es folgerichtig 0:2 für das falsche Team. Dann tankt sich Kapitän Jannik unnachahmlich durch eine kaum vorhandene Lücke und bringt die Bochumer auf die Anzeigetafel. Hinten wird die Kombination aus Torwart und Deckung langsam wach, vorne bringen die heute für zusammen 17 Tore verantwortlichen Max Birkemeier und Patrick Heyer die Pille regelmäßiger im Tor unter. Unglückliche Abpraller und etwas Pech im Angriff verhindern, dass das Heimteam beim 3:5 und 4:6 die Lücke schließen kann, das Spiel wirkt wie ein Kampf von zwei Schwergewichtsringern, die sich mit jeder tückisch langsamen Bewegung zurechtlegen wollen. Hinten beginnt Schnapper David Knorr Stein für Stein, die blaue Wand seiner Vorderleute sechs Meter weiter hinten nachzubauen, kauft den bis dahin treffsicheren Schützen der Gäste in wenigen Minuten unter anderem zwei freie Bälle vom Kreis und zwei Siebenmeter ab. Der VfL kann sich so Tor um Tor wieder heranrobben, vergibt aber beim 8:9 und 9:10 Chancen zum Ausgleich und geht mit 10:13 in die Kabine.
In der endlich richtigen Kabine wiederholt der Coach die Worte vor dem Spiel: Der VfL und nur der VfL bestimmt heute den Ausgang des Spiels. Die Gäste aus Suderwich werden ihren eigenen Stiefel routiniert runterspielen und nur eine Heimmannschaft, die die eigene Leistung mit totaler Konsequenz und 100% Intensität abrufen kann, wird dieses Spiel umbiegen. Schlüssel dazu wird weiter eine gute Deckung mit einem starken Torwart sein.
Aus der Pause kommt der VfL in der Abwehr den entscheidenden Zentimeter zu langsam, kann aber die zu leichten Gegentore im Gegenzug beantworten, den Abstand sogar leicht verkürzen. Nach 35 gespielten Minuten startet die Heimmannschaft, bei der sich die schnieken, dunkelblauen Trikots über eine breite Brust spannen, den stotternden Motor neu, schaltet direkt alle Gänge hoch und zündet als Kirsche auf der Torte noch den Turbo. Was den Reifenspuren auf dem Hallenboden im abklingenden Rauch folgt, sind die zehn stärksten Minuten der letzten Jahre. Hinten schwingt sich Torwartkrake David Knorr hinter einer blauen Wand zu großer Form auf, pariert gegen die zeitweise entnervten Schützen der Gegner mehrere Gegenstöße, freie Bälle vom Kreis und als Tüpfelchen auf dem I den dritten Siebenmeter des Tages. Vorne reißen zwei Kreisläufer Lücken, in die der Rückraum hereinstößt und den Ball wieder und wieder konsequent ins Tor nagelt. Bochum spielt sich in einen regelrechten Rausch und kann einen 14:16-Rückstand in ein 23:18 drehen, weil die vor dem Spiel angesprochenen einfachen Lösungen gesucht und gefunden werden. Dann aber kommt ein unerklärlicher Bruch im Spielfluss. Das 24:19 12,5 Minuten vor dem Ende wird das drittletzte Bochumer Tor bleiben. Vorne häufen sich leichte Ballverluste, die Suderwich zu einfachen Toren im Gegenstoß nutzt, hinten fehlt die Intensität und der Gast in den hellgrünen Leibchen kann das Spiel von 24:19 auf 25:26 umbiegen – wohlgemerkt, weil der VfL ihn lässt. Nicht provozierte Fehlpässe und nicht vernünftig vorbereitete Abschlüsse aus ungünstigen Winkeln lassen einen schon in die Knie gezwungenen Gegner wieder ins Spiel und in Fahrt kommen. Der Spielfluss der SG aus Suderwich wird von einem dröhnenden Timeout von VfL-Trainer Stroop unterbrochen, der jetzt noch einmal anmahnt, dass das Spiel mit seriösem Handball gewonnen werden kann. Mit neuem Mut suchen die Recken aus Bochum im Angriff jetzt konsequent die Entscheidung, müssen aber den vorangegangenen 60 Minuten Tribut zollen und verlieren mit der Kondition auch ein wenig die Konzentration und Ruhe. In den letzten Minuten verwandelt der Halblinke der Gäste einen Gegenstoß zum 25:28, Suderwich jubelt. Dem VfL bleibt nur noch der Schlusspunkt vom Kreis. 26:29, zwei Punkte verlassen den Lohring in Richtung Recklinghausen.
Tja, am Ende kackt die Ente; am Eis kannst du sie lecken lassen, nur das Hörnchen musst du selbst essen – nach einer solchen Niederlage wird das Phrasenschwein ordentlich gemästet. Natürlich kann man gegen einen Gegner dieses Kalibers verlieren, aber heute wäre einfach mehr drin gewesen. Zarte Erinnerungen kommen hoch an das Heimspiel gegen den TUS Hattingen in der letzten Saison, welches der VfL ebenfalls knapp verlor, weil am Ende die Kraft nicht ganz reichte. Für 60 Minuten Vollgas fehlt aktuell anscheinend noch das letzte Quäntchen, gerade wenn die ausgedünnte Bank die Ausfälle nicht über die komplette Dauer kompensieren kann. Trotzdem hat sich wieder gezeigt, was in diesem Team an Tugenden steckt. Große Teile des Spiels zeigen die Bochumer Recken eine ansprechende Leistung und funktionieren als Mannschaft, die zusammen gewinnt und eben auch zusammen verliert. Gerade in den entscheidenden Situationen mutig die Entscheidung zu suchen, ohne Angst vor einem Negativgewitter aus der Mannschaft, ist richtig, selbst wenn es im Einzelfall schiefgeht und nur ein weiteres Indiz für einen Teamgeist, den man eben nicht herbeireden kann. Dafür spricht auch die Stimmung, die nach dem Spiel in der Kabine grandios ist und darin mündet, dass ein bunter Mix aus Streiterinnen und Streitern der Damen- und Herrenmannschaften des VfL im Rahmen der gepflegten Abendgestaltung im Bermudadreieck stranden wird. Weiter so, Jungs, das macht richtig Bock.
Oder – um Star-Gastspieler Gianluca zu zitieren: Boah, seid ihr ne geile Truppe.
Wir, Gianni, wir!
Am nächsten Wochenende steht für den VfL beim 308-Derby gegen den ungeschlagenen Tabellenführer aus Linden-Dahlhausen der nächste dicke Brocken in den Startlöchern. Anwurf in der Halle am Schulzentrum Südwest in Linden ist um 18:00.
Spieler des Spiels wird Torwartkrake David, der entscheidenden Anteil am temporären Vorsprung hat, sich am Ende aber nur vergeblich gegen die Niederlage stemmt.
Für den VfL den Lohring 55 Minuten zum Beben gebracht haben: David Knorr (TW), Max Birkemeier (10/5), Patrick Heyer (7), Alex Cousen (3), Jannik Kocian (1), Torben Aspöck (1), Gianluca Nunes-Vetra, Leonhard Thömmes, Ben Richert (2), Julius Kirschner (2).